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NSA-Untersuchungsausschuss rückt näher

Jeanette Seiffert3. Januar 2014

Linke und Grüne fordern ihn schon lange - jetzt wollen auch die Regierungsparteien einen Bundestagsausschuss zur NSA-Affäre nicht länger blockieren. Doch was könnte das Gremium überhaupt zur Aufklärung beitragen?

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Blick in den Saal eines untersuchungsausschusses - (Foto: Stephanie Pilick/dpa)
Bild: Picture-Alliance/dpa

Spähsoftware für Rechner und Handys, Mobilfunk-Horchposten, manipulierte USB-Stecker: Die neuesten Details im NSA-Skandal haben in Deutschland erneut für Entrüstung quer durch alle politischen Parteien gesorgt. Doch in der Frage, wie die NSA-Affäre in Deutschland aufgeklärt werden soll, sind sich die Politiker keineswegs einig.

Linke und Grüne, die beiden Oppositionsparteien, fordern seit Monaten, dass der Deutsche Bundestag einen sogenannten Parlamentarischen Untersuchungsausschuss einsetzen soll: Er kann theoretisch unbegrenzt Zeugen einladen und befragen - auch deshalb gilt der Untersuchungsausschuss als die schärfste Waffe des Parlaments.

Hans-Peter Uhl, innenpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Fraktion - (Foto: Britta Pedersen/dpa)
Untersuchungsausschuss überflüssig? Der CSU-Rechtsexperte Hans-Peter UhlBild: picture-alliance/dpa

Die größte Regierungsfraktion CDU/CSU hielt bislang nur wenig von dieser Idee, der Koalitionspartner SPD war zögerlich und die Opposition ist zu klein, um alleine einen solchen Ausschuss einzusetzen: Denn dafür muss mindestens ein Viertel der Abgeordneten im Bundestag zustimmen - Linke und Grüne haben zusammen aber nur rund 20 Prozent der Stimmen.

Nun scheint überraschend doch Bewegung in die Sache zu kommen. Nachdem am Donnerstag (02.01.2014) zunächst der bayerischen Ministerpräsidenten und CSU-Vorsitzenden Horst Seehofer versprochen hatte, bei der Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zu helfen, signalisierte am Freitag auch die CDU die Forderung der Opposition zu unterstützen.

"Wenn die Opposition der Auffassung ist, dass ein Untersuchungsausschuss eingesetzt werden soll, werden wir uns dem nicht verschließen", sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Michael Grosse-Brömer (CDU) und betonte, dass die Entscheidung insbesondere mit Blick auf die Minderheitenrechte der Opposition gefallen sei. Ähnlich hatte sich auch Seehofer geäußert: "Gerade wenn man stark ist, kann man großzügig sein", sagte der CSU-Vorsitzende der "Bild"-Zeitung.

Obama als Zeuge?

Inhaltlich sei die CSU aber weiterhin nicht überzeugt, dass ein solcher Ausschuss sinnvoll sei, meint ihr Rechtsexperte Hans-Peter Uhl. Offen sei vor allem, was das Gremium überhaupt untersuchen soll: "Ein deutsches Parlament kann nicht ausländisches Regierungshandeln überprüfen", sagte der CSU-Politiker der Deutschen Welle. Kritisch zeigt sich Uhl, der als Mitglied des Parlamentarischen Kontrollgremiums auch für die Überwachung der deutschen Geheimdienste zuständig ist, zudem in der Frage, wer dort überhaupt befragt werden könnte: "Sie werden wohl kaum Obama als Zeugen vor den deutschen Untersuchungsausschuss bekommen."

Hans-Christian Ströbele (rechts) bei Edward Snowden - (Foto: Irina Oho/dpa)
Held oder Geheimnisverräter? Edward Snowden beim Treffen mit Hans-Christian Ströbele (rechts) in MoskauBild: picture-alliance/dpa

Argumente, die der Grünen-Politiker Hans-Christian Ströbele nicht gelten lässt: "Wenn unsere Daten, die über Glasfaserkabel oder über die Server von US-Firmen gehen, nicht mehr sicher sind, dann können wir nicht einfach zugucken und sagen: Da ist ein ausländischer Geheimdienst am Werk, da dürfen wir nicht ran." Das Problem, qualifizierte Zeugen befragen zu können, kenne er aus früheren Untersuchungsausschüssen, sagte Ströbele im DW-Interview. Doch das dürfe kein Grund sein, es gar nicht erst zu versuchen.

Zögerliche Haltung der Sozialdemokraten

Der SPD-Politiker Michael Hartmann dagegen macht sich keine großen Hoffnungen, dass ein Ausschuss viel zur Aufklärung der NSA-Aktivitäten selbst beitragen kann: "Ich glaube kaum, dass NSA-Chef Keith Alexander persönlich bei uns vorbeikommt", meinte Hartmann im DW-Interview. "Es stellt sich die Frage: Kann das ein Untersuchungsausschuss leisten, und wenn ja: In welchem Umfang?", so der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion. Prinzipiell wolle sich seine Partei nicht gegen einen solchen Ausschuss stellen, aber: "Der Auftrag darf nicht ins Blaue zielen - und er darf keine Erwartungen wecken, die er nicht erfüllen kann." Man müsse sich darauf beschränken, zu untersuchen, inwieweit deutsche Geheimdienste unter Umständen in die Affäre verwickelt seien.

Demonstration zur NSA-Affäre in Berlin - (Foto: Stephanie Pilick/dpa)
Unternimmt die Regierung genug? Politiker der Opposition bei Protesten gegen NSA-ÜberwachungBild: Picture-Alliance/dpa

Die SPD hat das Problem, dass sie zu Beginn der NSA-Affäre, als sie noch in der Opposition war, Kanzlerin Angela Merkel und ihre Regierung scharf für den Umgang mit den US-Geheimdienstaktivitäten kritisiert hat. Jetzt regieren die Sozialdemokraten gemeinsam mit CDU/CSU - und müssen daher leisere Töne anstimmen. Die alte Regierung habe sich nicht gerade mit Ruhm bekleckert bei der Aufklärung, gibt Michael Hartmann zu: "Aber seit bekannt geworden ist, dass das Handy der Kanzlerin abgehört worden ist, hat sich der Wind gedreht."

Edward Snowden: Datendieb oder Kronzeuge?

In einem Punkt steht der SPD-Politiker Hartmann allerdings der Opposition näher als CDU/CSU: Er ist sich mit seinem grünen Kollegen Hans-Christian Ströbele einig, dass der Whistleblower Edward Snowden, der mit seinen Informationen die NSA-Affäre erst ausgelöst hat, ein guter Zeuge für einen möglichen Untersuchungsausschuss sein könnte. Snowden ist vermutlich sogar der Einzige, der genügend über die NSA weiß und gleichzeitig bereit wäre, vor einem deutschen Ausschuss auszusagen. Der CSU-Politiker Hans-Peter Uhl allerdings bestreitet das: "Snowden war zu keinem Zeitpunkt ein NSA-Fachmann. Er war ein Administrator, der in großem Stil Daten weitergegeben hat - und ist gar nicht in der Lage, die Daten, die er entwendet hat, zu bewerten."

Doch vermutlich dürfte dieser Streit kaum eine Rolle spielen, selbst wenn tatsächlich demnächst ein Untersuchungsausschuss seine Arbeit aufnimmt: Denn es ist ohnehin ungeklärt, wie Snowden überhaupt in Deutschland Zeuge auftreten könnte, ohne zu riskieren, an die USA ausgeliefert zu werden. Denn politisches Asyl für den NSA-Informanten, das hat die Regierung bereits klargestellt, wird es auf keinen Fall geben.