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Nordkorea: Thronfolge in dritter Generation

27. September 2010

Lange wurde über den Termin spekuliert, jetzt steht er fest: In Nordkorea findet am 28. September zum ersten mal seit Jahrzehnten wieder eine Delegierten-Konferenz der regierenden Kommunisten statt.

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(Foto: dpa)
Nordkoreas Staatschef Kim Jong Il (re.) will seinen Sohn (vermutlich links im Bild) als Nachfolger in Stellung bringenBild: picture-alliance/dpa

Experten vermuten, dass Machthaber Kim Jong Il seine Machtübergabe vorbereitet. Über seine Nachfolge wird spekuliert, seit der sogenannte "Liebe Führer" Nordkoreas im Jahr 2008 mutmaßlich einen Schlaganfall erlitt. Dass der Parteikongress jetzt stattfindet, scheint mit Kim Jong Ils schlechtem Gesundheitszustand zu tun zu haben, meint Werner Pfennig, Nordkorea-Experte der Freien Universität Berlin. "Es fällt auf, dass seit einiger Zeit Fotos gezeigt werden, wo er nicht der strahlende Held ist. Er sieht doch etwas kränklich und hinfällig aus." Da solche Dinge in Nordkorea nicht dem Zufall überlassen werden, liegt die Vermutung nahe, dass damit auch gezeigt werden soll, dass der "Liebe Führer" nicht ewig leben wird, so Pfennig weiter. "Und, dass er sich deshalb auch bemüht, die Nachfolgefrage jetzt beschleunigt anzugehen."

Wer ist Kim Jung Un?

(Foto: dpa)
Die Delegierten wollen angeblich ihr höchstes Führungsgremium bei der Partei-Konferenz wählenBild: picture alliance/dpa

Außerhalb des abgeschotteten Landes ist wenig bekannt über den erwählten Sohn Kim Jong Un. Er wird auf Ende 20 geschätzt. Eines der wenigen bekannten Fotos zeigt einen elfjährigen Jungen, der seinem Vater verblüffend ähnlich sieht. Der junge Kim soll eine Schweizer Schule besucht haben und auch etwas Deutsch, Englisch und Französisch sprechen. "Er wird als umgänglich und freundlich geschildert", erklärt der Nordkorea-Experte Werner Pfennig. "Kim Jong Un ist einer, der Streit unter Schülern schlichtete, der ein paar Fremdsprachenkenntnisse hat und dem Basketball gefällt. Aber all das sind nicht unbedingt Kriterien, auf die es ankommt, um ein Land zu führen." Es ist nichts darüber bekannt, wie Kim Jong Un innerhalb der Elite, der Streitkräfte, oder des Parteiapparats akzeptiert wird.

Es sei notwendig, den Weg für die "heranwachsende Generation" zu bereiten, betonte Vater Kim Jong Il bei seinem jüngsten Besuch beim großen Nachbarn China. Zusammen mit seinem Sohn pilgerte er in China zu historischen Orten, die bereits sein eigener verstorbener Vater, der Gründer und sogenannte "Ewige Präsident" Nordkoreas, Kim Il Sung, besucht hatte. Experten vermuten, dass Kim Jong Il damit ein Zeichen setzen wollte, um bald eine weitere Vater-Sohn-Nachfolge einzuleiten und zu legitimieren.

Vorbereitung auf den Machtwechsel

(Foto: AP)
Die Delegierten-Konferenz wurde heftig beworben - es ist die erste seit JahrzehntenBild: AP

In diesem Zusammenhang ist auch die Delegierten-Versammlung zu sehen, sagen Experten. Bei dem Treffen soll nicht nur eine neue Führungsriege bestimmt, sondern auch Kim Jong Un ein wichtiges Amt übertragen werden.

Kim Jong Un werde möglicherweise zunächst einen mittleren Posten innerhalb der Partei-Hierarchie erhalten und erst später in die Top-Entscheidungsriege aufsteigen, meint Werner Pfennig. Damit würde er dem Beispiel des älteren Kim und dessen Vater Kim Il Sung folgen: "Damals war es so: Der Nachfolger wurde ernannt, aber der Alte war immer noch in Amt und hat sich dann schrittweise aus der Tagespolitik zurückgezogen. Die Zeiträume werden n diesem Fall aber sicherlich kürzer sein."

Kim Jong Un: politisch unerfahren

Experten glauben, dass es älteren Parteimitgliedern schwerfallen könnte, einen so jungen - und politisch weitgehend unerfahrenen - Nachfolger zu unterstützen. Auch die Armee könnte seine Autorität herausfordern. Doch wie häufig bei dynastischen Nachfolgen würde vermutlich zunächst ein Thronrat den jungen Kim so beraten, dass eine Gruppe einflussreicher Leute die Macht in ihrer Hand behält, heißt es.

Dennoch hoffen ausländische Beobachter, dass Kim Jong Un aufgrund seiner Schul-Erfahrungen im Ausland stärker als sein Vater zu internationaler Kooperation bereit wäre.

"Mit dem anstehenden Machtwechsel verbinde ich schon die Hoffnung, dass eine pragmatische Politik betrieben wird", erklärt Werner Pfennig. "Dass es dieser dann neu zusammengesetzten Führung möglich sein wird zu erkennen: Eine Normalisierung auf der koreanischen Halbinsel ist für alle Beteiligten nützlich. Sie könnte dann wichtige Ressourcen, die jetzt ins Militär gesteckt werden, zivilen Aufgaben zuführen. Die gesamte Region würde davon profitieren."

Gegenwind aus Südkorea

Inzwischen haben in Südkorea nordkoreanische Flüchtlinge und südkoreanische Aktivisten auf die Nachfolge-Spekulationen reagiert. An der Grenze ließen sie kürzlich riesige Ballons Richtung Norden los. Die Ballons trugen Flugblätter, auf denen stand: "Wir wollen keine Machtfolge in dritter Generation".

Autorin: Ana Lehmann

Redaktion: Miriam Klaussner/ Klaus Dahmann