Nok - Mystische Funde aus Westafrika
Sie zählen zu den ältesten Zeugnissen afrikanischer Figuralkunst. Bis heute sind sie Archäologen und Forschern noch immer ein Rätsel. Das Liebighaus Frankfurt geht den Geheimnissen der Nok-Skulpturen auf den Grund.
Nok - Ursprung afrikanischer Skulpturen
Nok-Skulpturen zählen zu den bedeutendsten archäologischen Funden in Subsahara Afrika. Die über 2000 Jahre alten Terrakotten gehören zu den frühesten Zeugnissen afrikanischer Plastik. Das Liebighaus Frankfurt stellt sie noch bis zum 23.02.2014 unter dem Schlagwort “Nok. Ein Ursprung afrikanischer Skulptur“ aus.
Immer wieder Ärger mit Plünderern
Namengsgebend war die Ortschaft “Nok“ im Jos-Plateau in Zentral-Nigeria. Hier fanden Arbeiter 1928 die ersten Skulpturen beim Zinnabbau. Seit 2005 arbeitet ein Team aus deutschen und nigerianischen Archäologen an über 200 Grabungsstellen. Immer wieder haben die Forscher mit der Zerstörung und Plünderung der archäologischen Stätten zu tun.
Ein Stück prähistorisches Nigeria
Nach aufwendiger Bergung der rötlichen Nok-Figuren werden sie von den Archäologen in vielen kleinen Arbeitsschritten restauriert. Neben den Skulpturen sind die Forscher vor allem an Alltagsgegenständen wie Tongefäßen, Steingeräten und Schmuck interessiert. Sie erhoffen sich durch diese Funde ein umfassendes Bild dieser prähistorischen Kultur im Gebiet des heutigen Nigerias zu bekommen.
Älteste Eisenproduktion der Menschheit?
Ausgegrabene Schmelzöfen, lassen vermuten, dass es sich hier um eine der ältesten Eisenproduktionen in der Geschichte der Menschheit handelt. Riesige Schlackehaufen und Überreste von Verhüttungsöfen deuten auf eine industrielle Metallproduktion hin, die noch vor 500 Jahren in dieser Region stattfand. Die Herstellung von Eisen lässt sich bis in die Nok-Epoche um 500 vor Christi zurückverfolgen.
Rätselhafte Verwendung der Terrakotten
Die Funktion der Skulpturen bleibt spekulativ. Forscher gehen davon aus, dass sie verschiedenen Riten dienten. Es ist jedoch klar: Die Zerstörung war Teil ihres Verwendungszwecks. In Gruben wurden hunderte von Bruchstücken gefunden, die sich nicht rekonstruieren ließen. Die Figuren sind offenbar bewusst zerstört worden. Außerdem wurde dafür gesorgt, dass man sie nicht wieder zusammensetzen konnte.
Menschen, Tiere und Chimäre
Charakteristisch für die rötlichen Skulpturen sind die spitzen, überproportionalen Gesichter und die dreieckig geformten Augen, deren Pupillen durch eine Vertiefung angedeutet sind. Weitere kunstvolle Ausführungen sind individuelle Merkmale wie Bärte, Schmuck, extravagante Frisuren und Kopfbedeckungen. Dargestellt werden vor allem Menschen, Tiere und Chimäre – Mischwesen aus Mensch und Tier.
Inspiration für Picasso und Co.
Als die ersten Nok-Skulpturen Anfang des 20. Jahrhunderts nach Europa gelangten, war dies ein Befreiungsschlag für die Kunst. Was für viele Europäer als primitive Kunst galt, wurde für Kunstgrößen wie Paul Gaugin, Pablo Picasso oder Ernst Ludwig Kirchner zur Inspiration. Sie sahen in den Skulpturen die Legitimation für den Bruch mit der vorherrschenden realistisch-figurativen Kunst.
Ein weltweit begehrter Kunstschatz
Sammler weltweit rissen sich bald um die rötlichen Skulpturen. Lange Zeit waren sie nur im Rahmen des internationalen Kunstmarktes ein Begrifft. Doch nach und nach tauchten immer mehr Exemplare auf: In Paris, London und New York. Heute kann man die Figuren in fast allen großen Museen der Welt bewundern.
Raubkunst und Fälschungen
Auf internationalen Kunstmärkten, werden die prachtvollen Figuren unter Liebhabern für mehrere Millionen Euro gehandelt. Bei vielen handelt es sich jedoch um Raubkunst und Fälschungen. Das Liebighaus zeigt diese in der Abteilung “Fälschungen“ und stellt sie den Originalen gegenüber.
Austausch der antiken Kulturen
Die Nok-Skulpturen werden in den Sammlungsräumen, die dem antikem Rom, Griechenland und Ägypten gewidmet sind ausgestellt. Dabei werden sie den Kunstwerken aus diesen Kulturen, die in der gleichen Epoche entstanden sind, gegenübergestellt. Während vor über 2000 Jahren die undurchdringliche Sahara den Austausch dieser Kulturen unmöglich machte, sind sie hier nur wenige Meter voneinander entfernt.
Die erste ihrer Art
Die Ausstellung im Liebighaus ist die erste deutschlandweit, die sich mit afrikanischer Kunst dieser Epoche beschäftigt. Über 100 Skulpturen und Fragmente, die in den letzten acht Jahren von deutschen und nigerianischen Archäologen geborgen wurden, werden ausgestellt. Zudem präsentiert die Galerie erste Forschungsergebnisse, die ein paar Geheimnisse der Nok-Kultur offen legen.