Stichwahl in Liberia
9. November 2011Die zweite Runde der Präsidentschaftswahlen in Liberia ist am Dienstag (08.11.2011) ohne größere Zwischenfälle zuende gegangen. Nach gewalttätigen Auseinandersetzungen am Montag und einem Boykottaufruf der Opposition war die Wahlbeteiligung sehr niedrig. Rund 1,7 Millionen Menschen waren wahlberechtigt. Viele Wahllokale blieben jedoch fast leer. Das offizielle Ergebnis der Abstimmung wird für Donnerstag erwartet.
Gewalt im Vorfeld der Wahl
In der liberianischen Hauptstadt Monrovia war die Stimmung am Vortag der Wahl angespannt. Bei Schießereien zwischen Oppositionsanhängern und Polizei wurden am Montag offenbar mehrere Menschen getötet. UN-Friedenstruppen patrouillierten in Armeepanzern durch die Straßen, Hubschrauber kreisten über der Stadt. Rund um Monrovia waren Polizisten in Kampfausrüstung stationiert.
Viele Anhänger der liberianischen Oppositionspartei "Congress for Democratic Change" von Winston Tubman versammelten sich am Montag im Hauptquartier der Partei. Sie kündigten an, die Stichwahl am Dienstag (08.11.2011) zu boykottieren: "Wir werden nicht wählen gehen, weil wir glauben, dass die Wahl manipuliert wird. Wir wollen nicht Teil eines betrügerischen Wahlprozesses sein."
Verhängnisvolle Lage
Der Boykott der Stichwahl durch den Herausforderer führt zwangsläufig zum Sieg der amtierenden Präsidentin Ellen Johnson-Sirleaf. Bei den Anhängern von Winston Tubman sorgt diese Aussicht für großen Frust. Sie werden "die Regierung nie anerkennen" und fürchten, "dass das Land ins Chaos stürzen wird", heißt es aus seinem Lager.
Eine verhängnisvolle Warnung, denn die Präsidentschaftswahl gilt als Test für die fragile Demokratie Liberias, die erst 2003 nach einem 14-jährigen Bürgerkrieg Fuß fassen konnte. Zudem würde eine niedrige Wahlbeteiligung infolge des Boykotts die Legitimation Sirleafs untergraben.
"Unser Land als Geisel"
Die erste Runde der Präsidentschaftswahlen in dem westafrikanischen Land fand im Oktober statt. Die Amtsinhaberin und aktuelle Friedensnobelpreisträgerin Ellen Johnson-Sirleaf bekam damals 44 Prozent der Stimmen, Winston Tubman folgte mit 33 Prozent auf Platz zwei. Da Johnson-Sirleaf keine absolute Mehrheit im ersten Wahlgang erreichen konnte, wurde eine Stichwahl notwendig. Da sich zwischenzeitlich zahlreiche andere Kandidaten für Sirleaf ausgesprochen haben, galt die Politikerin aber schon vor der Boykott-Entscheidung als klare Favoritin.
Tubman ist sich sicher, dass die Abstimmung im Oktober manipuliert wurde. Auch die Nationale Wahlkommission soll parteiisch gewesen sein. Und obwohl der Präsident der Kommission letzte Woche zurückgetreten ist, um die Opposition zu beschwichtigen, blieb Tubman bei seinem Aufruf zum Wahlboykott. Die mehr als 4.000 Wahlbeobachter aus dem In- und Ausland sprachen dagegen von einem fairen Verlauf des ersten Wahlgangs.
Tubmans Kritiker sehen in ihm vor allem einen schlechten Verlierer. Ellen Johnson-Sirleaf rief am Wochenende beim Wahlkampf-Abschlus ihre Landsleute zum Gang an die Wahlurne auf: "Lasst keinen Politiker unser Land als Geisel nehmen. Herr Tubman boykottiert zu Unrecht die Stichwahl, weil er Angst hat zu verlieren." Inzwischen hat die Nationale Wahlkommission bestätigt, dass die Stichwahl am Dienstag planmäßig stattfinden soll.
Autorin: Bonnie Allen
Redaktion: Katrin Ogunsade