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Niederländische Regierung tritt zurück

29. Juni 2006

Ministerpräsident Balkenende hat den Rücktritt seiner Regierung angekündigt und Neuwahlen gefordert. Hintergrund ist der Streit um die Ministerin für Einwanderungsfragen, Rita Verdonk, und den Fall Ayaan Hirsi Ali.

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Die Koalitionsregierung unter Balkenende war vier Jahre im AmtBild: dpa

Die niederländische Mitte-rechts-Koalition unter Ministerpräsident Jan Peter Balkenende ist ein Jahr vor der nächsten regulären Wahl zerbrochen. Nach dem Auszug der kleinen linksliberalen Partei D66 aus dem Bündnis kündigte Balkenende am Donnerstagabend (29.6.) im Parlament in Den Haag seinen Rücktritt an. Der christdemokratische Regierungschef will dies noch an diesem Freitag Königin Beatrix mitteilen und für Neuwahlen plädieren. Diese müssten innerhalb von 30 Tagen stattfinden. Aussichtsreichster Bewerber für das Amt des Ministerpräsidenten ist laut Umfragen der Spitzenkandidat der sozialdemokratischen Arbeitspartei (PvdA), Wouter Bos.

Zoff mit dem kleinsten Koalitionspartner

Rita Verdonk Niederlande
Balkenende hatte trotz der Kritik an der Ministerin Rita Verdonk festgehaltenBild: AP

Die D66 hatte in der Nacht zum Donnerstag einen Misstrauensantrag der oppositionellen Grünen gegen Ausländerministerin Rita Verdonk unterstützt. Verdonk hat sich nach Ansicht ihrer Kritiker in der Affäre um die Staatsangehörigkeit der populären Islamkritikerin Ayaan Hirsi Ali mit widersprüchlichen Entscheidungen ins Abseits manövriert. Obwohl der Misstrauensantrag scheiterte, stellte die Fraktionschefin von D66, Lousewies van der Laan, Balkenende vor die Wahl, sich entweder für Verdonk oder für D66 zu entscheiden. Der Regierungschef erklärte im Parlament, nach dem Scheitern des Misstrauensantrags gebe es keinerlei Folgen für das Kabinett. Darauf hin entzog D66 der Regierung die Unterstützung.

Nach erster Unsicherheit und einer Krisensitzung des Kabinetts erklärten am Abend zunächst die beiden D66-Minister vor den Abgeordneten ihren Rücktritt: Laurens Brinkhorst (Wirtschaft und Vize-Ministerpräsident) und Alexander Pechtold (Verwaltungsreform und Angelegenheiten des Königreichs). Daraufhin teilte Balkenende mit, alle anderen Minister und er selbst würden bei der Königin ebenfalls um ihre Entlassung nachsuchen.

Falsche Angaben im Asylantrag

Ayaan Hirsi Ali verlässt die Niederlande
Ayaan Hirsi Ali ist als Buchautorin und Islam-Kritikerin international bekanntBild: AP

Die Krise in Den Haag hatte sich zugespitzt, nachdem Ministerin Verdonk jegliche Vorwürfe wegen ihres Verhaltens im Fall Hirsi Ali barsch zurückwies. Sie hatte Hirsi Alis Einbürgerung in die Niederlande für nichtig erklärt, weil diese offen zugegeben hatte, dabei falsche Angaben zur Person gemacht zu haben. Unter erheblichem politischen Druck korrigierte Verdonk ihre Entscheidung, ließ sich aber von Hirsi Ali schriftlich geben, dass diese für alle Probleme selbst verantwortlich sei.

Balkenendes Bündnis aus Christdemokraten, Rechts- und
Linksliberalen regierte seit Anfang 2003. Zuvor war nach nur kurzer Amtszeit Balkenendes erste Regierung gescheitert, in die er die Populisten um den im Wahlkampf 2002 ermordeten Pim Fortuyn einbezogen hatte. (kas)