Neuer Musikgigant im Anmarsch
2. August 2004Die Wettbewerbshüter der Europäischen Kommission haben die Fusion der Musiksparten von Bertelsmann (BMG) und Sony ohne Auflagen genehmigt. Mit einem Jahresumsatz zwischen vier und fünf Milliarden Dollar und rund 9000 Mitarbeitern entsteht so der weltweit zweitgrößte Musikkonzern nach Universal Music. Die Zustimmung der US-Wettbewerbsbehörde gilt als reine Formsache. Fortan könnten dann beispielsweise Christina Aguilera (BMG) und David Bowie (Sony Music) oder Dido (BMG) und Beyonce (Sony Music) "unter einem Dach" musizieren.
Drastisch Kosten sparen
"Wir sind erfreut", heißt es aus der Firmenzentrale von Bertelsmann in Gütersloh. So schnell wie möglich will man jetzt den Fusionsprozess abschließen. Der Grund: Die Musikbranche steht mit dem Rücken zur Wand. 40 Prozent Umsatzverlust in den vergangenen drei Jahren sind die Folge von illegalen Downloads und heimlich gebrannten CDs. Jetzt sollen Kosten eingespart werden - und zwar drastisch. Die erhofften Einsparungen durch den Zusammenschluss der beiden Konzerne sollen zwischen 200 und 300 Millionen Euro jährlich betragen.
Die Effizienz steigern, Synergien beim Vertrieb schaffen und einfache Strukturen installieren - internen Überlegungen zufolge wird dabei etwa ein Viertel des bisherigen Mitarbeiterstammes wegfallen. "In erster Linie hat die Entscheidung viele neue Arbeitslose in der Musikbranche zur Folge", konstatiert Carol von Rautenkranz, Chef des Hamburger Plattenlabels "L'age d'or" im Gespräch mit DW-WORLD. Die Konzentration des weltweiten Musikmarktes auf bald nur noch vier Konzerne, die rund 80 Prozent des Weltmarktes kontrollieren, sieht Rautenkranz kritisch.
Marktbeherrschung
Nicht alle Vertreter der so gennanten Independent Lables teilen übrigens die kritische Einschätzung. Und auch von Rautenkranz räumt ein, dass durch die Fusion "auf der anderen Seite auch wieder mehr Platz für die Independents entstehen wird." Denn als sicher gilt, dass sich "Sony BMG" im Zuge der Firmenzusammenlegung von zahlreichen mäßig erfolgreichen Künstlern trennen wird. Bereits im Vorfeld der Fusion hat BMG sein Portfolio gründlich gereinigt. Von einst 150 Bands und Musikern sind derzeit nur noch 68 unter Vertrag. Von den übrigen werden einige Unterschlupf bei kleineren Plattenfirmen finden.
Udo muss gehen
Das prominenteste Beispiel für die Karteibereinigung im Inland dürfte Udo Lindenberg sein. Der Altrocker musste bei BMG seinen Hut nehmen. Im übrigen hält man sich beim größten Medienkonzern Europas bedeckt. Die meisten der so genannten Superstars, die im Zuge der weltweit erfolgreichen "Pop Idol"-Serie kurzen Starruhm erlangten, werden wohl gehen müssen. Statt schnell gecastete "Künstler" zu promoten, soll bei "Sony BMG" fortan auf Qualität und Künstleraufbau gesetzt werden. Ob das der Königsweg aus der Krise wird? "Da müssten jetzt allerdings noch Taten folgen", sagt von Rautenkranz.