Neonazis ködern Jugendliche im Internet
11. Juli 2012Schon immer haben Neonazis das Internet als Propaganda-Instrument genutzt. Seit einiger Zeit machen sie sich in sozialen Netzwerken wie Facebook breit, um Jugendliche gezielt anzusprechen und zu mobilisieren. "Für Rechtsextreme sind Mitmachnetze die ideale Rekrutierungsplattform, denn sie sind bei Jugendlichen besonders beliebt", sagt Stefan Glaser, Leiter des Bereichs Rechtsextremismus bei jugendschutz.net.
Die von allen Bundesländern getragene Organisation durchsucht das Internet nach jugendgefährdenden und strafbaren Inhalten. Und wird dabei immer häufiger in sozialen Netzwerken fündig. "In vielen Fällen haben Beiträge bei Facebook und YouTube klassische Websites komplett abgelöst", heißt es im Bericht für das Jahr 2011. Im Web 2.0 finden sich inzwischen die meisten Gesetzesverstöße von Rechtsextremen. Anscheinend fühlten sich Neonazis in sozialen Netzwerken sicherer vor Strafverfolgung, mutmaßen die Internet-Kontrolleure von jugendschutz.net.
Rechtsextremismus 2.0
Die Vorteile von sozialen Netzwerken liegen auf der Hand: "Hier können rechtsextreme Inhalte einem Massenpublikum präsentiert werden", sagt Stefan Glaser. Der rechtsextreme Kern der Botschaft wird dabei oft verschleiert. Neonazis bedienen sich emotionaler und unstrittiger Themen, um Jugendliche neugierig zu machen oder spontane Zustimmung zu erzeugen. Wenn es zum Beispiel darum geht, Kinder vor sexuellem Missbrauch zu schützen, klicken viele Nutzer schnell auf den "Gefällt mir"- oder "teilen"-Button.
Tausendfach angeklickt, bekommen solche Kampagnen ein größeres Gewicht und verbreiten sich in rasender Geschwindigkeit - so wie das rechtsextreme Musikvideo zum Thema Kindesmissbrauch, das auf YouTube fast eine Million Mal angeklickt wurde. Erst auf den zweiten Blick offenbaren sich rassistische oder demokratiefeindliche Anschauungen, wie sie für das Weltbild der Neonazis charakteristisch sind.
Möglichst schnell löschen
Stoßen die Internet-Beobachter auf unzulässige rechtsextremistische Inhalte, dann lassen sie diese löschen, sofern die Provider dazu bereit sind. Für das Jahr 2011 listet jugendschutz.net mehr als 970 Löschungen in sozialen Netzwerken auf. Allerdings würden rechtsextremistische Einträge häufig kurz nach dem Löschen erneut hochgeladen, bemängelt Stefan Glaser - hier seien die Plattform-Betreiber in der Pflicht. Denn technisch sei es durchaus möglich, das erneute Hochladen identischer Inhalte zu erkennen und so zu verhindern.