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Vom Eid-Fest die Nase voll

Schekib Nekbin23. August 2012

Das Ende des Ramadan wird auch in Afghanistan gefeiert. Vor allem die Männer lassen es sich gutgehen - und von den Frauen bedienen. Erst wenn die Männer ihre Besuche und Empfänge beendet haben, können die Frauen feiern.

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Kochende Frauen in Mazar-i-Sharif Afghanistan (Foto: DW)
Bild: DW

"Gott sei Dank sind die Feiertage endlich vorbei!", sagt die 23-jährige Nasima im nord-afghanischen Masar-i Scharif erleichtert. Gemeint ist Eid, die drei Tage des Fastenbrechens, die von den Muslimen in aller Welt zum Ende des Fastenmonats Ramadan gefeiert werden. Sie könnte auf das Eid-Fest gut verzichten. "Eid ist, wie die meisten Feste in Afghanistan, ein Fest für die Männer", sagt sie.

Dauereinsatz am Kochtopf

Langsam hebt Nasima ihr Glas mit grünem Tee und pustet, bevor sie einen Schluck nimmt. Es ist das erste Mal nach vier Wochen, dass sie in Ruhe ihren Tee genießen kann. "Ich kann nicht mehr. In den letzten Tagen und Wochen war ich von morgens bis abends nur mit Putzen und Kochen beschäftigt", sagt sie. Denn es ist Tradition in Masar-i Scharif - und gewiss nicht nur dort -, dass während der drei Eid-Tage die Männer der Familien ihre Freunde und Verwandten besuchen und diese im Gegenzug zu sich nach Hause einladen. Für das Kochen und Putzen sind dabei die Mädchen und Frauen des Hauses zuständig.

Nasima ist eine von vielen jungen Frauen, die mit der Großfamilie ihres Mannes leben müssen. Junge Paare können meist aus wirtschaftlichen und traditionellen Gründen bis zum Tod der Eltern des Ehemannes nicht eine eigene Wohnung beziehen. Bis zu 20 Personen bilden so eine Großfamilie unter einem Dach. Natürlich hat auch Nasima die Feiertage damit verbracht, sich um das leibliche Wohl der Männer des Hauses und ihrer Gäste zu kümmern. Auf die Frage des Reporters, was sie denn in den drei Festtagen gemacht habe, antwortet sie: "Ich habe pausenlos gekocht und Berge von Geschirr abgewaschen." Für jeden gesäuberten Teller habe sie die Gäste ihres Mannes verflucht. "Natürlich nicht wirklich schlimm verflucht", schickt sie schnell hinterher.

"Völlerei ist nicht Sinn der Sache"

Nasimas Tee hat nun die richtige Temperatur. Sie nimmt zwei Schlucke von der grünen Erfrischung. Sie beschwert sich, dass die Männer den Frauen keine Hilfe im Haushalt seien. "Sie können mir glauben, dass wir während des Ramadan von morgens früh bis abends damit beschäftigt waren, die großartigsten Speisen für den Iftar-Tisch zu bereiten." Nach der Mahlzeit meinten die Herren, ohne sich bei uns zu bedanken, es sei der Segen des Ramadan, dass der Tisch so reich gedeckt sei. "Dabei ist es nicht der Segen des Ramadan", entrüstet sich Nasima. "Nein, mit unserer Rackerei haben dafür gesorgt, dass der Tisch voll war."

Sie schweigt einen Moment und fügt hinzu, auch sie könnte einen gesegneten Ramadan und Eid haben. Aber nicht als Frau in Afghanistan, beziehungsweise nur in einem Land, wo man die wahre Bedeutung des Ramadan kenne. "Die Muslime sollen nach dem Willen Gottes fasten, um sich innerlich zu reinigen." Aber viele Afghanen hätten den eigentlichen Sinn des Fastens längst vergessen, sagt die junge Frau. Sie will noch einige weitere kritische Bemerkungen machen, doch ein Klopfen an der Tür bringt sie zum Schweigen. "Mein Gott, wer ist es nun schon wieder", seufzt sie und macht sich auf den Weg in die Küche.

Lichtblick nach der Arbeit

Das Eidfest der meisten jungen Frauen in Masar-i Scharif beginnt erst eine Woche nach dem Fastenmonat Ramadan, nicht direkt im Anschluss. "Erst wenn die Männer ihre Besuche und Empfänge beendet haben und alles wieder aufgeräumt ist, dann sind wir dran. Und das auch nur dann, wenn die Herren der Schöpfung uns erlauben, unsere Freunde und Familien zu besuchen. Dann aber wird richtig gefeiert", sagt Nasima lachend. Bis zu einem Monat nach dem Ende des Eidfestes besuchen sich die Frauen gegenseitig und holen ihren Spaß nach.