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Nach der Wahl ist vor der Wahl

23. Oktober 2009

Kaum ist Karsais Sieg bei der Präsidentenwahl amtlich bestätigt, bereitet sich Afghanistan nun auf die Stichwahl in zwei Wochen vor. Und das dürfte schwierig werden - nicht nur weil ein harter Winter naht.

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Polizist vor Wahlplakat auf dem Hamid Karsai abgebildet ist (Foto: AP)
Wahlwerbung für Präsident Hamid KarsaiBild: AP

Auch nach Abzug der gefälschten Stimmen bei der Präsidentenwahl in Afghanistan hat Präsident Hamid Karsai einen klaren Vorsprung vor seinem Herausforderer und ehemaligen Außenminister Abdullah Abdullah. Am Mittwoch (21.10.2009) meldete die afghanische Wahlkommission, die "Independent Election Commission of Afghanistan" (IEC), ihr amtliches Endergebnis. Danach erreicht Karsai 49,67 Prozent und Abdullah Abdullah 30,59 Prozent der Stimmen.

Abdullah Abdullah sitzt zwischen Männern mit afghanischer Kleidung (Foto: AP)
Abdullah Abdullah (Mitte) gilt als liberale Alternative zu KarsaiBild: AP


Am Montag hatte die UN-unterstützte Beschwerdekommission ihre Untersuchung über den Wahlbetrug abgeschlossen und ihren Bericht der IEC vorgelegt. Bei der Neuauszählung waren Hunderttausende Stimmen für ungültig erklärt worden. IEC-Chef Asisullah Ludin sagte, man habe Vorbehalte gegenüber den Ergebnissen der Beschwerdekommission. Trotzdem habe man sich nun dazu entschieden, "die Wahl zu einer zweiten Runde zu bringen". Die Stichwahl soll am 7. November stattfinden.

Die Vorbereitungen haben schon begonnen

Neben Karsai hat nun auch Abdullah seine Kandidatur offiziell bestätigt. Er dankte Karsai dafür, den Weg für Stichwahlen frei gemacht zu haben. Das habe "das Vertrauen der Menschen in den Wahlprozess gestärkt". Um weiteren Wahlbetrug zu vermeiden, will Abdullah eine Liste mit Bedingungen zusammenstellen, um für eine "freie, faire und glaubwürdige Wahl zu sorgen".

Ban Ki-Moon und Karsai schütteln vor UN-Symbol Hände (Foto: AP)
Einst der Liebling des Westens, jetzt zunehmend isoliert - Karsai beim Händeschütteln mit Ban Ki-Moon in New YorkBild: AP

UN-Generalsekretät Ban Ki-Moon will diese Anstrengungen unterstützen und Afghanistan für die Ausrichtung der Wahl 20 Millionen Dollar bereitstellen. "Wir werden unser Bestes tun, um sicherzustellen, dass die Wahlen so glaubwürdig, transparent und sicher ablaufen wie nur möglich", sagte Ban in New York. Er kündigte an, dass UN-Vertreter Wahllokale aufsuchen würden, um Unregelmäßigkeiten zu verhindern. Auch soll es eine engere Koordinierung zwischen UN und den NATO-geführten ISAF Truppen sowie den afghanischen Sicherheitskräften geben.

Mit den Vorbereitungen der Stichwahlen hat die IEC unterdessen bereits begonnen. Die ersten Stimmzettel werden gedruckt und sollen schon am Donnerstag verteilt werden.

Winter, Wahlhelfer und die Taliban bereiten Probleme

Die Eile ist berechtigt: Mit der Organisation einer erneuten Wahl bis zum 7. November stehen die afghanischen Behörden vor einer komplexen Aufgabe. Ein Problem ist der nahende Winter am Hindukusch. Organisatorische Verzögerungen könnten die Abstimmung in einigen Teilen des Landes unmöglich machen. Außerdem fehlen qualifizierte Wahlhelfer. Aufgrund ihres Fehlverhaltens bei der Präsidentenwahl wurden 200 Wahlleiter gefeuert und müssen nun ersetzt werden.

Afghanische Frauen in Burka stellen sich vor einem Wahllokal an (Foto: AP)
Mit der Burka zur Wahl - afghanische Frauen vor einem Wahllokal in KabulBild: AP

Besonders schwierig ist es dabei, Helferinnen für die Wahllokale der Frauen zu finden. "Es ist schwer vorstellbar, wie ein zweiter Wahlgang glaubwürdiger sein soll, wenn nicht die Sicherheit und der Zugang von Frauen zu den Wahllokalen drastisch verbessert wird", sagte Rachel Reid von Human Rights Watch in Kabul. Die Menschenrechtsorganisation hatte zahlreiche Fälle dokumentiert, bei denen afghanische Frauen an der Ausübung ihres Wahlrechts gehindert wurden.

Wahlmüdigkeit und zu wenige Beobachter

Bei den internationalen Wahlbeobachtern wird es ebenfalls knapp. Der schwedische Außenminister und amtierende EU-Ratspräsident Carl Bildt sagte, wegen der Kürze der Zeit werde es möglicherweise nicht gelingen, so viele EU-Wahlbeobachter zu entsenden wie beim ersten Mal.

Afghanische Sicherheitskräfte vor einem zerstören Haus und einem zerstörten Auto (Foto: AP)
Verwüstung durch einen Anschlag der Taliban am 8. Oktober in Kabul, dutzene Zivilisten starbenBild: AP

Und da auch die Taliban wieder angekündigt haben, den Wahlprozess mit Anschlägen zu stören, wird die Wahlbeteiligung wohl kaum höher sein als beim ersten Durchgang. Die Karsai nahe stehende IEC hatte die Beteiligung diesmal 38,7 Prozent angegeben, wobei sie tatsächlich noch niedriger liegen dürfte. Auch bei einem Sieg in der Stichwahl würde Karsai so ein Präsident bleiben, den nur eine Minderheit der Afghaninnen und Afghanen gewählt hätte.

Autor: Martin Heidelberger (dpa, rtr, ap, afp)
Redaktion: Thomas Grimmer