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"Inspiration für weiteres Engagement"

Zahidul Haque / mgr25. September 2015

Seit 30 Jahren kämpft er in Bangladesch für die Rechte der Textilarbeiter - jetzt erhält Amirul Haque Amin dafür den Internationalen Nürnberger Menschenrechtspreis. Mit der DW sprach er über Erreichtes und Erhofftes.

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Gewerkschaftsführer Amirul Haque Amin aus Bangladesch (Foto: epd-bild/CleanxClothesxCampaign)
Bild: Imago

Bangladesch gilt als Nähstube der Welt. Millionen fertigen hier die Kleidung, die dann international verkauft wird. Und er ist ihr Vorkämpfer: Seit mehr als 30 Jahren setzt sich Amirul Haque Amin für die Rechte der Arbeiterinnen und Arbeiter in den Textilfabriken ein. Er ist Gründungsmitglied und derzeitiger Präsident der Textilarbeitergewerkschaft (NGWF).

An diesem Sonntag hat Amril Haque Amin in Nürnberg den Internationalen Menschenrechtspreis erhalten. Er bekam die mit 15.000 Euro dotierte Auszeichnung verliehen, weil er sich "mit Hartnäckigkeit und Unerschrockenheit für die Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen und damit für die Würde der Menschen einsetzt, die in der exportorientierten Bekleidungsindustrie von Bangladesch tätig sind", so die international besetzte Jury in ihrer Begründung.

Arbeiterinnen in einer Textilfabrik in Bangladesch (Foto: picture alliance/ZUMA Press)
Bekleidungsfirmen aus aller Welt lassen in Bangladesch ihre Ware produzierenBild: picture alliance/ZUMA Press

DW: Wenn Sie auf Ihre Karriere als Gewerkschaftler zurückschauen, haben Sie Einiges erreicht: Es gibt inzwischen Mutterschaftsurlaub, der 1. Mai wurde landesweit zum bezahlten Feiertag für die Textilarbeiter und die Arbeiter erhalten einen Feiertagszuschlag zum Eid-Fest. Über welchen Fortschritt freuen Sie sich am meisten?

Amriul Haque Amin: Als 2005 das Gebäude der Spectrum Textilfabrik zusammenstürzte und viele Arbeiter starben, haben wir eine Kampagne ins Leben gerufen. Es sollte nicht einfach nur als Unfall gesehen werden. Denn diese Unfälle passieren aufgrund von Fahrlässigkeit. Das kann an den internationalen Konzernen, die hier nähen lassen, liegen oder am Besitzer des Gebäudes - selbst die Regierung kann Teil der Verantwortung tragen.

Und weil diese Menschen sterben mussten aufgrund von Fahrlässigkeit, sollten die Geschädigten auch eine Kompensation erhalten: für den Einkommensverlust ebenso wie für die Zeit, die sie ausfallen, das heißt die Summe, die sie während dieser Zeit verdient hätten. Das sollten sie bekommen, darum ging es uns. Und das ist heute ein mehr oder weniger etabliertes Prinzip.

Aber wird es auch tatsächlich umgesetzt?

Im Fall des Rana Plaza-Einsturzes hat jeder Arbeiter fünf Mal mehr Entschädigung erhalten, als es das Gesetz vorsieht. Die Verpflichtung, zu zahlen, liegt zwar bei den Besitzern. Aber da, wo wir als Gewerkschaft uns der Sache angenommen haben, ziehen wir nicht nur die Besitzer zur Verantwortung oder die Besitzer und die Regierung. Sondern es geht vor allem um die Käufer. Spectrum, Smart Fashion, Rana Plaza - in all diesen Fällen kam der Großteil der Kompensationszahlungen von den internationalen Käufern.

Angehörige trauern um den Tod ihrer Angehörigen beim Einsturz des Rana Plaza-Fabrikkomplexes in Bangladesch (Foto: REUTERS/Andrew Biraj)
Mehr als 1100 Arbeiter starben beim Einsturz des Rana Plaza-Fabrikkomplexes, mehr als 2500 wurden verletztBild: Reuters

Was haben Sie gedacht, als Sie gehört haben, dass Sie dieses Jahr Preisträger des Internationalen Nürnberger Menschenrechtspreises sind?

Nürnberg ist einer der berühmtesten Orte für die Aufrechterhaltung der Menschenrechte. Die Nürnberger Prozesse [gegen führende Vertreter von Hitlers Nazi-Regime, Anm. d. Red.] sind weltweit bekannt.

Dieser Preis gilt nicht nur mir, sondern der gesamten Gewerkschaftsbewegung sowie den Textilarbeitern und der Arbeiterbewegung in Bangladesch. Er zeigt die Anerkennung für die Bewegungen. Er ist ein Zeichen des Respekts für die Arbeiter, die 2012 in der Tazreen-Fabrik und 2013 im Rana Plaza gestorben sind.

Zugleich ist er für mich Ansporn, meine eigenen Fehler und Beschränkungen anzugehen und mich noch mehr den Arbeiterinnen und Arbeitern zu widmen, um die Industrialisierung des Landes voranzutreiben.

Amirul Haque Amin ist Präsident und Mitbegründer der National Garment Workers Federation (NGWF). Die Textilarbeitergewerkschaft ist die größte Gewerkschaft in Bangladesch und setzt sich seit 1984 für die Rechte der Arbeiterinnen und Arbeiter in der Bekleidungsindustrie des Landes ein.