Trotz intensiver Förderung haben Kinder mit Migrationshintergrund oft Schwierigkeiten mit der deutschen Sprache. Wissenschaftler plädieren für die Stärkung der Muttersprache, um dieses Problem zu lösen.
Jedes dritte Kind wächst in Deutschland mit zwei oder mehr Sprachen auf. Trotz aller Integrationsversuche gehören Kinder mit Migrationshintergrund in Deutschland zu den Bildungsverlierern. Das zeigt ein Bericht der Bundesregierung. Anfang 2012 wurde daher auf dem fünften Integrationsgipfel im Kanzleramt über Konzepte zur Sprachförderung diskutiert.
Tatsächlich gibt Deutschland viel Geld dafür aus, dass Kinder mit ausländischen Wurzeln in der Schule Förderunterricht in Deutsch erhalten. Trotzdem beherrschen viele Jungen und Mädchen aus Zuwandererfamilien weder Deutsch noch ihre Muttersprache richtig.
Dabei zeigen Studien, dass Kinder, die zuerst in ihrer Muttersprache gestärkt werden, auch dem deutschen Unterricht besser folgen können. Im deutsch-türkischen Kindergarten 'Mosaik' in Kiel wird zum Beispiel fast nur Türkisch gesprochen. Die Sprachwissenschaftlerin Reyhan Kuyumcu von der Universität Flensburg hat die Entwicklung von 15 Jungen und Mädchen aus diesem Kindergarten mehrere Jahre beobachtet. In der Schule zeigte sich, dass die Kinder sehr gut im Unterricht mitkamen.
Professor Andreas Rohde von der Universität Köln betont, dass es Kindern, die ihre Muttersprache gut beherrschen, sogar leichter als anderen fällt, weitere Sprachen zu lernen. Denn sie kennen bereits die nötigen Lernstrategien. In der Praxis an Schulen spielen diese Erkenntnisse bisher jedoch keine große Rolle.
Glossar
hoch im Kurs sein – wichtig; angesehen sein
intensiv – mit viel Energie
Förderung, die – die Unterstützung; die Hilfe
Kinder mit Migrationshintergrund – in Deutschland lebende Kinder, die in einem anderen Land geboren sind oder ein Elternteil haben, das nach 1950 aus einem anderen Land nach Deutschland gekommen ist
für etwas plädieren – eine positive Meinung von etwas haben und sich dafür einsetzen
Stärkung, die – hier: die Förderung
Integration, die – die Bildung einer Gemeinschaft mit Menschen aus verschiedenen Kulturen
Bildungsverlierer, der – umgangssprachlich für: eine Person, die schlechtere Bildungschancen hat als andere
Gipfel, der – ein Treffen wichtiger Politiker zu einem bestimmten Thema
Kanzleramt, das – ein Gebäude, in dem die Regierung sitzt
Konzept, das – der Plan
Wurzel, die – hier: die Herkunft
etwas beherrschen – hier: etwas können
Zuwanderer, der – eine Person, die aus einem anderen Land nach Deutschland zieht
jemandem/etwas folgen können – jemanden/etwas verstehen können
Entwicklung, die – hier: das Heranwachsen eines Kindes
mitkommen – hier: im Unterricht alles gut verstehen
etwas fällt jemandem leicht – etwas macht jemandem keine Mühe
Praxis, die – hier: der Alltag
keine Rolle spielen – nicht wichtig sein
Fragen zum Text
1. Kinder mit ausländischer Herkunft haben trotz Förderunterricht in Deutschland oft … auf eine gute Bildung.
a) schlechtere Chancen
b) bessere Chancen
c) keine Chancen
2. Auf dem Integrationsgipfel 2012 haben Politiker in Berlin über neue Konzepte … diskutiert.
a) zum Unterricht
b) zur Sprachförderung
c) zur Migration
3. Studien zeigen, dass Kinder die zuerst ihre Muttersprache gut gelernt haben, ...
a) weitere Sprachen schwer erwerben können.
b) ohne Mühe Deutsch und weitere Sprachen lernen.
c) Probleme mit der deutschen Sprache haben.
4. Die Muttersprache ist wichtig für den Fremdsprachenerwerb. Deshalb … sie gestärkt werden.
a) kann
b) darf
c) sollte
5. Was bedeutet der Satz? "Die Kinder kamen gut in der Schule mit." Die Kinder … im Unterricht alles verstehen.
a) mussten
b) konnten
c) wollten
Arbeitsauftrag
Wie geht es Kindern mit ausländischer Herkunft in euren Heimatländern? Wird dort das Erlernen der Muttersprache gefördert? Welche Erfahrungen habt ihr mit der deutschen Sprache? Habt ihr Ideen, wie man den Spracherwerb fördern kann? Diskutiert das Problem Mehrsprachigkeit im Kurs.
Autoren: Janine Albrecht/Bettina Schwieger
Redaktion: Stephanie Schmaus