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Motassadek weist Terrorismus-Anklage zurück

22. Oktober 2002

Im weltweit ersten Prozess um die Anschläge vom 11. September in den USA hat der Angeklagte Mounir el Motassadek jede Beteiligung an der Vorbereitung der Attentate bestritten.

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Der Angeklagte beim Prozessauftakt in HamburgBild: AP

Er habe von den Anschlagsplänen nichts gewusst, sagte Motassadek am Dienstag (22. Oktober 2002) beim Prozessauftakt vor dem Hanseatischen Oberlandesgericht in Hamburg. Der 28-jährige Marokkaner wies auch seine angebliche Einbindung in das Terrornetzwerk El Kaida zurück. "Gewalt kann nie etwas lösen", beteuerte Motassadek, der sich wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung und Beihilfe zum Mord in mindestens 3116 Fällen verantworten muss.

"Finanzier der Anschläge"

Der Vertreter der Bundesanwaltschaft bezeichnete Motassadek bei der Anklageverlesung als "Statthalter" der Hamburger Terrorzelle um den Todesflieger Mohammed Atta. "Er wirkte an den Plänen der Attentäter mit und sorgte für eine ausreichende Finanzausstattung der Gruppe", sagte der Bundesanwalt. Er habe eine maßgebliche Rolle bei der Finanzierung der Anschläge gespielt.

Bei der Befragung gab Motassadek in fließendem Deutsch an, er sei Ende 1993 nach Deutschland gekommen. Seit 1995 studierte er Elektrotechnik an der TU Hamburg-Harburg. Dort habe er auch Mohammed Atta kennen gelernt. Atta soll eines der entführten Flugzeuge in das World Trade Center in New York gesteuert haben. Mit dem Todespiloten Atta, der als Kopf der Hamburger Terrorzelle gilt, habe er vor allem über religiöse, aber auch über politische Fragen diskutiert, bei denen auch Kritik an den USA zur Sprache gekommen sei.

"Atta hatte keine Macht über andere"

Gewalt oder Terror als Mittel zur Durchsetzung politischer Ziele habe dabei nie eine Rolle gespielt, beteuerte er. "Atta hatte keine Macht über andere, ich habe nie gehört, dass er anderen Befehle gegeben hat. Er wurde wegen seines Verhaltens respektiert", sagte Motassadek. "Ich kann nicht glauben, dass Atta die Anschläge begangen hat". Atta habe ihm vor seinem Weggang aus Hamburg gesagt, er wolle nach Malaysia gehen. Deshalb habe er sich nie über dessen Verschwinden gewundert, sagte Motassadek.

Der Marokkaner räumte ein, im Frühjahr 2000 eine militärische Grundausbildung in einem afghanischen Lager absolviert zu haben, das offenbar in Verbindung mit Osama bin Laden stand. Zu seinem Aufenthalt in dem afghanischen Lager sagte Motassadek, er habe zwar gewusst, dass der mutmaßliche Terroristenführer bin Laden auch dafür zuständig sei.

Kein Treffen mit Osama bin Laden

Er habe ihn dort aber nicht getroffen. Es habe dort keinerlei Indoktrination für terroristische Aktivitäten gegeben. "Es war nichts anderes, als was man in Hamburg oder in Marrokko in den Moschees hört." Zu seiner Motivation sagte er: "Im Koran ist es erwünscht, dass man das Schießen, das Reiten und das Schwimmen lernt".

Motassadeks Verteidiger Hartmut Jacobi kritisierte eine "öffentliche Vorverurteilung" seines Mandanten. Er bemängelte, dass Teile der Anklageschrift an die Presse durchgesickert seien und dort wörtlich zitiert wurden. Auch in diesem Verfahren gelte bis zum Ende des Prozesses eine Unschuldsvermutung. "Danach wird der Angeklagte freizusprechen sein", sagte Jacobi.

Motassadek war am 28. November in Hamburg festgenommen worden und befindet sich seither in Untersuchungshaft. Seine mutmaßlichen Komplizen Bahaji, Essabar und Binalshib hatten sich nach den Anschlägen vom 11. September aus Hamburg abgesetzt. Binalshib war Mitte September in Pakistan festgenommen und an die USA ausgeliefert worden.

Sicherheitsstufe Eins

Der Prozess gegen Motassadek findet unter strengsten Sicherheitsvorkehrungen statt. Die Straßen vor dem Gerichtsgebäude wurden für den Durchgangsverkehr gesperrt. Der Angeklagte wurde durch einen unterirdischen Gang aus dem benachbarten Untersuchungsgefängnis ins Gericht geführt und betrat den Verhandlungssaal durch eine zusätzlich gesicherte Stahltür. Foto- und Filmaufnahmen von dem Angeklagten gab es vor Beginn des Prozesses nicht. Das Verfahren, das bislang bis Ende Januar 2002 terminiert ist, soll am Mittwoch fortgesetzt werden. (mik)