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Mosambik: Mit Theater und Radio gegen Wilderei

Stefan Ehlert
16. Dezember 2020

Mosambik ist noch immer ein Hotspot für Wilderer, vor allem der Limpopo-Nationalpark an der Grenze zu Südafrika. Dort setzen Regierung und Umweltschützer auf eine neue Strategie gegen Wilderei. Stefan Ehlert war dort.

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Wilderei Mosambik I Radio unterm Baum - in Povoado de Cumane
Bild: Stefan Ehlert/DW

Weg mit der Wilderei, singt der junge Mann mit dem Künstlernamen "Nazza". Sein Auftritt ist der Höhepunkt einer sehr ungewöhnlichen Schau in Captine, einem abgelegenen Dorf nahe des Limpopo-Nationalparks. Zu seinen Füßen sitzen etwa 60 Frauen, auch ein paar Männer sind da.

Captine liegt acht Stunden Fahrt von Mosambiks Hauptstadt Maputo entfernt. Keine Straße führt ins Dorf, nur Pfade durch Buschland. Dass Prominenz vom Staatssender Radio Mosambik aufschlägt, dazu hochrangige Behördenvertreter aus der Hauptstadt - das haben die Bewohner noch nie erlebt.

Schüsse auf der Bühne

Die Moderatorin Énia Bila setzt all ihre Energie und ihren Charme ein, denn es geht um ernste Themen. Erst erinnert sie alle an die Corona-Gefahr und an den nötigen Mund-Nasen-Schutz. Dann geht es los mit einem Theaterstück über die tödlichen Gefahren der Nashorn-Wilderei. Auf der improvisieren Bühne wird geschossen, gestorben und geweint.

Moderatorin Énia Bila von Radio Mosambik in Captine
Énia Bila von Radio Mosambik moderiert die DiskussionenBild: Stefan Ehlert/DW

Auch die anschließende Diskussionsrunde wird fürs Radio aufgezeichnet. Auch andere sollen hören können, wie die Menschen in Captine zum Schutz von Elefanten und Nashörnern stehen.

"Kheta" heißt das Programm, das die Menschen über die Risiken der Wilderei aufklären soll. Dahinter stehen die staatliche Naturschutzbehörde, die internationale Umweltorganisation WWF und verschiedene Medienhäuser. "Kheta" bedeutet so viel wie "Entscheide Dich" – willst Du auf der illegalen Jagd sterben oder vom Reichtum der Natur profitieren?

Kampf ums Überleben

"Und? Was bringt uns das?", fragt Ortsvorsteher Wilson Cibui. Man habe seinem Dorf und den 430 Bürgerinnen und Bürgern Geld versprochen, 20 Prozent der Erlöse aus dem Safari-Tourismus. Doch davon sei nie etwas angekommen. Dabei könnte die Gemeinde das Geld dringend brauchen. "Uns fehlt Wasser. Der Brunnen führt nur einen halben Tag lang Wasser, ab 15 Uhr ist er trocken. Es sind aber viele Familien darauf angewiesen", sagt die 65-jährige Fatima Mario.

Bühne in Captine
Die Diskussionen werden anschließen im Radio gesendetBild: Stefan Ehlert/DW

Mit der Landwirtschaft kommen die Menschen in dieser trockenen Region kaum über die Runden. Die Wilderei war hier immer mehr als nur ein zusätzliches Standbein. Doch das sei vorbei, behauptet Fatima Mario, heute kämen die Wilderer von außerhalb: "Wir sind aufgeklärt, wir wurden darüber informiert, dass die Wilderei verboten ist. Selbst wenn ein Tier hier im Dorf auftaucht, können wir es nicht schießen."

Nashörner sind bereits ausgerottet

Klare Worte, doch Umweltschützer sehen die Lage anders: "Hier wird viel gewildert, vor allem, Elefanten und Nashörner", sagt WWF-Vertreter Marcelino Foloma.

Dabei sind Nashörner in Mosambik längst ausgerottet. Wenn sich mal eins aus Südafrika über die Grenze in den Limpopo-Park verirrt, dann überlebt es kaum 48 Stunden, sagen die Wildschützer. Das Horn des Nashorns bringe so viel Geld, dass die Täter nahezu jedes Risiko eingingen, das Tier zu erlegen."Es handelt sich um organisierte Kriminalität, die nicht ohne Weiteres sichtbar ist", meint Foloma. Doch ohne die Unterstützung der dörflichen Bevölkerung sei das Abschlachten gefährdeter Tiere nicht zu stoppen.

Theatergruppe "Kheta" in Captine
Die Schauspieler stellen Wilderer daBild: Stefan Ehlert/DW

Ganz überzeugt wirken die Dorfbewohner von der Veranstaltung nicht. Ihre Begrüßung war spröde, ihr Beifall ist verhalten, ihre Skepsis spürbar. Es herrscht eine gewisse Spannung zwischen dem Dorf und seinen Gästen. Das hat auch António Miguel Ndapassoa gespürt.

"Wenn die Wilderei eingedämmt wird, stehen die Leute ohne Einkommen da", sagt der Moderator von Radio Mosambik. Er hat die neue Kommunikations-Strategie erfunden. "Die Leute sind arm. Und wenn sie sich entscheiden müssen, ob sie an der Armut sterben oder beim Wildern umkommen, dann entscheiden sie sich für die Wilderei. Das ist eine logische Überlebensstrategie." 

Am Ende sei es daher eine ökonomische Frage, ob sich sein Radio-Publikum künftig an an Recht und Gesetz halten werde oder nicht.