Prozess um tödlichen Exorzismus
10. Oktober 2016Vor dem Landgericht Frankfurt am Main hat ein Mordprozess um eine angebliche Teufelsaustreibung begonnen. Die Staatsanwaltschaft wirft fünf Mitgliedern einer Familie aus Südkorea vor, eine Verwandte bei einem exorzistischen Ritual in einem Hotelzimmer getötet zu haben. Unter den Angeklagten befindet sich auch der Sohn des 41-jährigen Opfers.
"Grausamer Gewaltexzess"
Die Koreaner sollen die Frau gemeinsam in einem Gewaltexzess erstickt haben. Die Staatsanwaltschaft geht von dem Mordmerkmal Grausamkeit aus. Da neben dem 16-jährigen Sohn des Opfers noch zwei weitere der fünf Angeklagten minderjährig sind, wird der Fall vor einer Jugendstrafkammer verhandelt. Alle fünf Beschuldigten sitzen seit der Tat in Untersuchungshaft. Psychiatrische Gutachten haben laut Staatsanwaltschaft keinen Hinweis auf seelische Störungen oder eine verminderte Schuldfähigkeit ergeben.
Der Anklage zufolge hatten sich die Angeklagten am Morgen des 5. Dezember 2015 zu einer "Teufelsaustreibung" entschlossen, nachdem die Frau in dem Hotelzimmer aus nicht geklärten Gründen begonnen habe, Selbstgespräche zu führen und aggressiv um sich zu schlagen. Die Beschuldigen hielten nach den Feststellungen der Staatsanwalt abwechselnd die Arme der 41-Jährigen fest und drückten sie zu Boden.
Opfer erstickt
Die Angeklagten hätten ihrer Verwandten mindestens zwei Stunden lang "Schmerzen und Qualen körperlicher Art" zugefügt, "die über das für die Tötung erforderliche Maß weit hinausgingen", erklärte Oberstaatsanwältin Nadja Niesen bei der Vorstellung der Anklageschrift im Sommer.
Das Opfer sei infolge dieser grausamen Behandlung an massivem Druck auf den Brustkorb und Gewalteinwirkungen auf den Hals gestorben. "Sämtliche Angeschuldigte nahmen ein Ersticken der Frau zumindest billigend in Kauf", so Niesen.
Die Familie war den Ermittlungen zufolge erst rund sechs Wochen vor der Tat nach Frankfurt am Main gekommen, um ein Export-/Import-Geschäft aufzubauen. Sie hatten ein Haus in Sulzbach im Taunus gemietet. In das Hotel seien sie gezogen, weil einige Familienmitglieder befürchtet haben sollen, dass es in dem Haus Dämonen gebe.
Die Angeklagten sollen Christen sein - mit schamanistischen und buddhistischen Einflüssen. Schamanistische Priester opfern bei ihren Riten den Geistern und rufen sie an, auf die Geschicke der Menschen einzuwirken. Eine Angeklagte hatte nach der Tat einen Pfarrer der koreanischen evangelischen Zion-Gemeinde gerufen. Dieser verständigte die Hotel-Rezeption und die Polizei.
wl/SC (dpa, afp,epd)