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Moderne afrikanische Kunst

7. Februar 2002

In Afrika hat sich eine Szene im Bereich der modernen Kunst entwickelt, die weltweit immer mehr Beachtung findet. Ein Sammler aus Deutschland besitzt mittlerweile über 1000 Werke: Die Sammlung Péus.

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Aus der Sammlung PéusBild: Völkerkundemuseum

Trotz der gewaltigen politischen und wirtschaftlichen Probleme auf den schwarzen Kontinent, begann sich in der Endphase des Kolonialismus und zu Beginn der Unabhängigkeit der afrikanischen Staaten eine Kunstszene zu entwickeln, die aufhorchen ließ. Die Arbeiten aus dem westnigerianischen Oshogbo galten sogar als Sensation. Die Bilder von einem der einflussreichsten Künstler Twins Seven Seven erzielen auf den westlichen Kunstmärkten fünf- bis sechsstellige Preise in Dollar oder Euro. Aber auch in Ostafrika entstanden Bilder der Quadratmaler wie etwa von Tinga Tinga, die für Aufsehen sorgten und dazu beitrugen, die weit verbreitete Meinung, Afrika sei ein geschichts- und kulturloser Kontinent, ad absurdum zu führen.

Kreativität afrikanischer Künstler erkannt

Der frühere Fernsehkorrespondent Gunter Péus baute Ende der sechziger Jahre das ZDF-Studio in der kenianischen Hauptstadt Nairobi auf. Er erkannte als kunstsinniger Mensch sehr schnell die Kreativität afrikanischer Künstler. Und er begann schon bald, ein Auge für Besonderheiten zu entwickeln und systematisch moderne afrikanische Kunst zu sammeln. Dabei kam ihm seine ausgedehnte Reisetätigkeit zu Gute, die ihn in fast alle der mehr als 50 afrikanischen Staaten führte. Gunter Péus sieht besondere Charakteristika moderner afrikanischer Kunst. "Nach meinem Empfinden war es besonders die Stärke des Ausdrucks, hervorgerufen eigentlich durch unverbildete Künstler, also Autodidakten, die nicht durch irgendwelche Vorbilder beeinflusst worden sind."

Sammlung mit 1000 Werken

In der Spätphase des Kolonialismus war die Kunstausbildung in Afrika an einen von der Kolonialmacht engen vorgegebenen Rahmen gebunden. Doch entwickelte sich außerhalb dieser formalen Ausbildung eine Subkultur von Malern. Sie beinflussten die Künstler, die dem engen Rahmen der kolonial geprägten Ausbildung erst während der Übergangsphase zur politischen Unabhängigkeit entfliehen konnten.

Die Sammlung Péus umfasst etwa 1000 Stücke. Die meisten Arbeiten sind Bilder, aber die umfangreiche Sammlung enthält auch kunstvoll gearbeitete Plastiken der Makonde-Kunst aus Tansania und Shona-Skulpturen aus Simbawe. Die Bilder der hoch gehandelten Kunstwerke des Nigerianers Twins Seven Seven, der Mosambikaner Valente Malangatana und seines Sohnes Valente sind eindrucksvoll. Aber die in sehr eigenwilliger Form dargestellten Porträts von berühmten afrikanischen Persönlichkeiten wie Jerry Rawlings, Kwama Nkrumah und Thomas Sankara und die Darstellung politischer Ereignisse die Frauenprotest im Uhuru Park in Nairobi ziehen die Aufmerksamkeit des Beobachters besonders an.

Afrikanische Eliten haben die Kunst vernachlässigt

Aber es gibt auch Stimmen, die im Kontext der Rückführung von gestohlenen und enteigneten Kunstschätzen und Kunstwerken scharfe Kritik an Kunstsammlern wie Gunter Péus äußern. Denn sie sehen dies als eine neue Form, hochwertige Gegenstände günstig zu erwerben und wenn möglich auf den internationalen Märkten profitabel zu verkaufen. Gunter Péus weist diese Kritik vehement zurück und hebt im gleichen Atemzug die weit verbreitete Ignoranz der afrikanischen Eliten hervor, die bisher die Kunst in ihren Ländern sträflich vernachlässigt haben. "In Afrika gibt es keine Museen, die so eingerichtet sind wie hier im Westen. Es gibt meistens keine Klimaanlagen." Péus hat das selbst in Lagos gesehen, einige Bilder von Twins Seven Seven, die in der Nähe des Hafens in einem Lagerhaus untergebracht waren, waren schon im Zustand der Verwesung. Sie zerfielen von der salzigen Luft.

Kein Bild von einheimischen Künstlern

An dieser Situation wird sich auch so schnell nichts ändern. Die politischen Führungen in Afrika setzen andere Prioritäten. Und ihre Kenntnisse hinsichtlich afrikanischer Kunst ist sehr beschränkt, was sich in den Wohnungen der Politiker und Führungskräfte exakt widerspiegelt. "Wenn man diese Bilder nach Europa holt, werden sie ja sorgsam untergebracht und erhalten. Und die Künstler selber, die ja auch einen Markt brauchen, finden ihn hier. In Afrika finden sie ihn noch nicht. Es gibt noch nicht so eine breite Ober- oder Mittelschicht, die sich erlauben würde, diese Kunst in ihren Räumen haben zu wollen. Ich war bei verschiedenen hochgestellten Persönlichkeiten in Afrika zu Hause, um dort Interviews zu machen, und sah dann, wie die eingerichtet waren. Da konnte man die geschnitzte Giraffe und das Nashorn auf einem Regal sehen, aber kein Bild von einheimischen Künstlern."

Die Erfolge der ersten Generation moderner afrikanischer Künstler wie Twins Seven Seven, Bruce Onebrakpeya, Aberlade Glover, Sam Ntiro, Charinda oder Stephan Kappata haben sich mittlerweile auch in Afrika herumgesprochen. Dies animiert zwar nicht die kulturpolitisch Verantwortlichen, hat aber für die nachwachsende Künstlergeneration einen spürbaren und sichtbaren Motivationsschub erzeugt. Und inzwischen wird moderne afrikanische Kunst auch von geschäftstüchtigen Kunstsammlern in Europa und den USA gezielt und systematisch gesammelt.

Das Museum für Völkerkunde in Hamburg hat bis Ende Januar 2002 einen Teil der Sammlung Péus gezeigt. Es gibt Pläne, einen weiteren Teil in Hamburg zu zeigen. Noch wird über die Finanzierung verhandelt, aber ein Termin steht nicht fest. Heinrich Bergstresser/(pg)