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Mit Erdnüssen gegen Erdnussallergie

Gudrun Heise
7. Juli 2022

Immer mehr Menschen haben eine Allergie gegen bestimmte Nahrungsmittel. Die Erdnussallergie nimmt dabei einen traurigen Spitzenplatz ein, denn sie ist die häufigste, allergiebedingte Todesursache.

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Erdnüsse
Bild: Colourbox

Nahrungsmittel, die eine Allergie auslösen, sind vor allem Hühnereier, Kuhmilch, Weizen, Fisch, einige Gemüse- und Obstsorten und Nüsse. Allerdings gehören Erdnüsse zu den häufigsten Auslösern für eine Lebensmittelallergie, die meist schon im Kindesalter auftritt. 

Und Erdnüsse und damit auch Erdnussbutter lösen bei manchen Menschen besonders heftige Reaktionen aus. Diese können von leichten bis hin zu akuten, lebensbedrohlichen Situationen reichen.

Betroffen sind oft die Atemwege. Dabei kommt es beispielsweise zu einem Engegefühl im Hals, zu Husten und häufigem Niesen bis hin zu Asthmaanfällen. Auch Übelkeit, Erbrechen oder Durchfall können eine allergische Reaktion auf Erdnüsse sein, genauso wie Ekzeme oder Hautrötungen. 

Die schlimmste Reaktion ist der anaphylaktische Schock. Innerhalb kürzester Zeit kann es zu Atemnot, Kreislaufstillstand und Organversagen kommen. Notärzte verabreichen dann sofort Adrenalin, denn es erleichtert die Atmung und lässt Hautschwellungen etwa im Hals abschwellen. Außerdem fördert Adrenalin die allgemeine Durchblutung. All das kann lebensrettend sein.

Das Immunsystem beeinflussen

Weil Erdnüsse so heftige Allergien auslösen können, haben Forschende immer wieder Studien dazu durchgeführt. Ein Fokus lag meist darauf, wie bereits bei Kleinkindern verhindert werden kann, dass sich eine Allergie überhaupt erst entwickelt. Eine der neuesten Studien erschien im Juni in der Fachzeitschrift "The Lancet". Durchgeführt haben sie u.a. Forschende an der Universität in Oslo und am renommierten Karolinska Institut in Stockholm. 

Säuglingen ab dem dritten Lebensmonat wurden u.a. winzige Mengen von Erdnussbutter gegeben. Diese Kinder hatten dann im Alter von drei Jahren im Vergleich zu einer Kontrollgruppe ein wesentlich geringeres Risiko, eine Erdnussallergie zu entwickeln. Bei ihnen lag das Risiko bei 0,7 Prozent. Bei der Gruppe, die Placebos erhalten hatte, war das Risiko fast dreimal so hoch und lag bei 2.0 Prozent. 

Die Schlussfolgerung der Forschenden: Kleinstkindern sollten möglichst früh Nahrungsmittel gegeben werden, die eventuell Allergien auslösen. Damit unterstützt die skandinavische Studie die Hypothese, die bereits bei früheren Studien aufgestellt worden war, dass eine frühzeitige und regelmäßige Einführung allergieauslösender Lebensmittel in kleinsten Mengen das Allergierisiko auch in späteren Jahren erheblich verringern kann. 

BdT Bild des Tages Tag des offenen Hofes
Kinder, die auf dem Land großwerden, sind weniger allergiegefährdetBild: picture-alliance/dpa/P. Pleul

Weitverbreitete Erdnuss-Allergie

Die Erdnuss-Allergie ist die häufigste Nahrungsmittelallergie bei Kindern. Derzeit sind ca. 0.8-3% der Kinder und 0.6-0.8% der Erwachsenen vor allem in den USA, Kanada, England und Australien betroffen. 

Auch wenn mittlerweile allein in Deutschland fast jeder Dritte eine Allergie gegen verschiedene Stoffe entwickelt hat, leiden nur etwa zwanzig Prozent unter einer Lebensmittelallergie. Dabei ist die Erdnussallergie die häufigste Nahrungsmittelallergie bei Kindern. 

Übertriebene Hygiene

Schon seit langem gehen Forschende davon aus, dass viele Allergien nicht zuletzt auch unserer übertriebenen Hygiene geschuldet sind. Immer wieder hat sich gezeigt, dass Kinder, die auf dem Land aufwachsen, wesentlich seltener an Allergien erkranken. Ihr Körper kommt schon früh mit verschiedenen Erregern in Kontakt, gegen die er sich wehren muss.

In vielen Arbeiten fanden Forschende heraus, dass beispielsweise der Aufenthalt in Kuhställen und das Trinken roher Kuhmilch eine Rolle spielen könnten und dass Mikroorganismen wie beispielsweise Pilze oder Bakterien kleine Kinder gegen Allergien sogar zu schützen scheinen. 

Übertriebene Hygiene kann nach der sogenannten Bauernhof- oder Hygienehypothese dazu führen, dass das Immunsystem zu wenig aktiviert wird, weil es sich nicht intensiv mit verschiedenen Infektionserregern auseinandersetzen muss. Eine Umgebung und Voraussetzungen wie auf einem Bauernhof sind aber in der Stadt kaum zu schaffen. 

Lebensmittelallergie und Lebensmittelintoleranz sind nicht dasselbe

Bei einer Lebensmittelallergie kommt es zu einer immunologischen Abwehrreaktion unseres Körpers. Anders ist das bei der Lebensmittelintoleranz. Hier ist das Immunsystem nicht an den Reaktionen des Körpers beteiligt. Vielmehr ist der Körper nicht in der Lage, bestimmte Lebensmittel überhaupt erst aufzunehmen oder zu verarbeiten. Die Beschwerden tauchen meist nicht unmittelbar nach dem Essen oder Trinken auf, sondern oft erst nach Stunden. 

Die häufigsten Lebensmittelintoleranzen sind die gegen Laktose, Gluten, Fructose und Histamin. Die Beschwerden sind meist Blähungen oder Sodbrennen, Durchfall oder Bauchkrämpfe. Kopfschmerzen oder Schwindel aber sind ebenso Symptome wie Hautausschläge. 

Deutschland Speiseeis | Schokolade
Spuren von Erdnüssen finden sich auch in verschiedenen EissortenBild: imago-images/Westend61

Spuren von Erdnüssen 

Eine Erdnussallergie ist nicht heilbar und auch nur schwer therapierbar. Für Betroffene fordert eine solche Allergie erhöhte Achtsamkeit, denn es geht nicht nur darum, keine Erdnüsse zu essen oder auf Erdnussbutter zu verzichten. Auch "Spuren von Erdnüssen" können in Lebensmitteln vorhanden sein, bei denen man es nicht unbedingt vermutet. 

Dazu gehört etwa jede Art von Speiseeis, egal ob Vanille, Erdbeere oder Schokolade. Cornflakes und Müsli gehören dazu, obwohl es bei diesen Lebensmitteln noch nachvollziehbar ist, dass sie eventuell winzigste Mengen von Erdnüssen enthalten können. Es reicht schon aus, dass diese Lebensmittel in denselben Maschinen produziert werden. Auch eine gründliche Reinigung verhindert das nicht unbedingt und bereits winzigen Spuren reichen oft schon aus, um bei Allergikern entsprechende Reaktionen auszulösen. 

Dabei geht es nicht um einzelne Stoffe, die in Erdnüssen enthalten sind, sondern um eine Vielzahl von Allergenen, die es in geringsten Mengen in Erdnüssen gibt. Viele davon sind allerdings nur schwer zu erkennen und machen sich erst bemerkbar, wenn der Körper bereits darauf reagiert hat. Dazu gehören erstaunlicherweise auch Wachsmalstifte, die für Kinder mit einer Erdnussallergie sehr gefährlich sein können.