Baseball und Konfirmation
2. Mai 2010Jeden Mittwoch hat Kirche für die Konfirmanden einen anderen Klang. Dann werden keine Gesangbücher aufgeschlagen, sondern Schlachtrufe gebrüllt. Es riecht nicht nach alten Bibeln, sondern nach Schweiß. Sie müsse nicht still sitzen, sondern losrennen. Auf die richtigen Worte kommt es nicht an, wohl aber auf den richtigen Schlag. Denn mittwochs spielen die Konfirmanden der Bonner Kirchengemeinde Am Kottenforst in der nahe gelegenen Turnhalle Baseball. Und zwar mit allem, was dazu gehört: Schlägern, Bällen, Trikots, Schutzhelmen, und einem eigens komponierten Rap.
"Wir sind die einzige Kirchengemeinde in Deutschland, die so engagiert Baseball spielt", sagt Pfarrer Andreas Schneider stolz. Dabei hätte er vor sechs Jahren selbst nicht geglaubt, dass der traditionsreiche amerikanische Ballsport seine Jugendarbeit einmal so verändern würde. Mit ein bisschen Baseball wollte er Schwung in seine Konfirmandenarbeit bringen und nahm einen Handschuh und Ball auf die Freizeit mit. Als Schläger diente ein Stock aus dem Wald.
Vom Wiesenspiel zur Baseballshow
"Erst hielten die Jugendlichen mich für übergeschnappt, denn den Sport kannten sie ja nur aus amerikanischen Filmen", erzählt Schneider. "Doch dann wollte jeder ihn mal ausprobieren." Nicht nur die Jungen, auch die Mädchen ließen sich schnell begeistern. Anders als beim Fußball komme es beim Baseball nicht so sehr auf Kraft, sondern auf Taktik an, betont der Pfarrer. "Und da sind manche Mädchen sogar deutlich begabter."
Aus dem gelegentlichen Spiel auf Konfirmandenfreizeiten entwickelte sich schnell ein regelmäßiges Training. Schon vor fünf Jahren organisierte Andreas Schneider zum ersten Mal ein Sommercamp, bei dem die Jugendlichen der Kirchengemeinde gegen den örtlichen Baseballverein spielten. Weil das natürlich nicht in T-Shirt und Trainingshose ging, schaffte die Kirchengemeinde Schutzanzüge, Trikots und Baseball-Caps an. "Zum amerikanischen Baseball gehört eine richtige Show", sagt der Pfarrer. "Und auf die wollten unsere Jugendlichen nicht verzichten."
Viele Bezüge zum christlichen Glauben
Schließlich kannten sie die amerikanische Sportart aus Filmen – und waren beeindruckt von dem Selbstbewusstsein, mit dem Spieler und Fans dort agierten. Doch was leicht aussieht, ist keineswegs einfach zu lernen. Die Regeln seien kompliziert und in kaum einem anderen Sport müssten die Spieler so viele Fehlschläge einstecken, berichtet Schneider. Von 1000 Würfen träfen sie in der Regel nur 300. "Das lehrt einen, mit Niederlagen umzugehen."
Baseball hat für Andreas Schneider viel mit dem Leben zu tun. "Es gibt starke Bezüge zum christlichen Glauben", meint der Pfarrer. So könne zum "Opferschlag" oder "Home-Run" im Baseball gut ein biblischer Bezug hergestellt werden. Teamgeist, Selbstvertrauen, Orientierung und der würdevolle Umgang mit Fehlschlägen – all das möchte Schneider seinen Konfirmanden im Training vermitteln. Dazu holt er sich mittlerweile in den jährlich stattfindenden Sommer- und Wintercamps prominente Unterstützung.
Baseball-Profis erzählen von Gott
Profi- Baseballer wie die Amerikaner Chris Singleton, Luke Prihoda und Bryan Hickerson sowie der Catcher der deutschen Nationalmannschaft, Simon Gühring, trainieren die Jugendlichen der Kirchengemeinde – und berichten dabei über die Schattenseiten des Sports und ihren persönlichen Glauben. "Das Training mit den Jugendlichen macht uns großen Spaß", sagt Gühring. "Aber uns ist dabei auch wichtig, dass sie mehr über Gott erfahren."
Ein Konzept, das offenbar aufgeht. Konfirmandinnen wie Laura jedenfalls meinen, dass sie im Baseballtraining mehr über Gott gelernt haben als in so mancher Konfirmationsstunde. "Es ist schon beeindruckend, von richtigen Stars trainiert zu werden", sagt Laura. "Und wenn die sagen, sie gehen selbstbewusst in das Spiel, weil sie an Gott glauben, dann will ich das auch tun."
Autorin: Sabine Damaschke
Redaktion: Klaus Krämer