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Glaube

Missbrauchsopfer vom Vatikan enttäuscht

17. Februar 2020

Auch ein Jahr nach dem Gipfel im Vatikan zum sexuellen Missbrauch tut sich die katholische Kirche bei der Aufklärung schwer. Kardinäle und Bischöfe reagieren oftmals erst auf öffentlichen Druck hin, wie Opfer monieren.

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Missbrauchsopfer beklagen, dass Papst Franziskus nicht für die Umsetzung gemachter Zusagen sorgt Bild: Getty Images/AFP/V. Pinto

Opferverbände sind enttäuscht: Ihr Vertrauen in Papst Franziskus als Motor eines offenen Umgangs beim Thema Missbrauch sei gering, machte Matthias Katsch, Mitbegründer der deutschen Initiative Eckiger Tisch, vor Journalisten in Rom deutlich. Seit dem Anti-Missbrauchsgipfel vor einem Jahr beim Papst habe sich wenig getan. "Es hat zwar Bewegung gegeben, aber eben drei Schritte vor und zwei zurück", beklagte Katsch.

Schlechte Schlagzeilen - nicht der Missbrauch lässt Bischöfe handeln

Nach seinen Worten leistet die Kirche in vielen Ländern immer noch Widerstand dagegen, dass sie in entsprechenden Fällen zur Verantwortung gezogen wird. Anne Barrett Doyle von der US-Organisation Bishop Accountability ergänzte, in zahlreichen Ländern mit großer katholischer Bevölkerung wie Spanien, den Philippinen oder dem Kongo fungierten Bischöfe und Kardinäle nach wie vor als Bremser. "Was die Bischöfe dazu bringt, etwas zu tun, sind schlechte Schlagzeilen, nicht die Verbrechen des Missbrauchs", kritisierte sie.

Italien Matthias Katsch Phil Saviano  Anne Barrett Doyle
Matthias Katsch (l.), Missbrauchsopfer Phil Saviano und Anne Barrett Doyle in Rom Bild: picture-alliance/AP Photo/A. Medichini

In einigen Ländern bereiten zudem die Konkordate zwischen Vatikan und dem Staat Probleme. So verhinderten diese Übereinkommen etwa in Spanien und Italien noch immer einen angemessenen Zugriff staatlicher Behörden auf kirchliche Akten, so Katsch. Deswegen wendeten sich Opferverbände auch an UN-Organisationen. Aktuell geschehe dies in Genf, wo Opfervertreter Fälle von langjährigem Missbrauch in zwei von einem Orden geführten Heimen in Italien und Argentinien vortrügen, erklärte er.

Lobend erwähnte der Mitbegründer des Eckigen Tischs, dass Franziskus im Dezember das sogenannte Päpstliche Geheimnis bei Kindesmissbrauchsfällen für nichtig erklärt hat. Damit dürfen Akten aus Kirchenprozessen zum Missbrauch an staatliche Ermittler weitergereicht werden. Zudem wurden Vorschriften zum Melden einschlägiger Vorwürfe an Vorgesetzte erlassen. "Aber gleichzeitig stoppt es dabei, die Dinge tatsächlich unabhängig aufarbeiten zu lassen. Und es stoppt bei der Entschädigungsfrage", betonte Katsch. Im Vatikan gebe es Tausende Akten über Missbrauchsfälle. Diese müssten unabhängigen Stellen zugänglich gemacht werden, verlangten die Vertreter der Opferverbände.

Missbrauch in der katholischen Kirche - Matthias Katsch im Gespräch in "Der Tag"

Franziskus hatte beim Anti-Missbrauch-Gipfel im Februar 2019 ein konsequentes Durchgreifen gegen Täter und das Ende der Vertuschung versprochen. Schon damals bemängelten Kritiker das Fehlen konkreter Aktionen. Doyle kritisierte nun, der Papst spreche das Ziel von "null Toleranz" gar nicht mehr klar an. Missbrauchsopfer Phil Saviano, der ebenfalls bei Bishop Accountability engagiert ist, warf dem Kirchenoberhaupt gar vor, er gehe der Umsetzung eigener Zusagen aus dem Weg.

se/haz (dpa, kna)