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Merkel will Klarheit bei Impfstoff-Beschaffung

5. Januar 2021

Hat Deutschland zu wenig Impfstoff bestellt? Nachdem dieser Vorwurf in den vergangenen Tagen vermehrt aufkam, bittet Bundeskanzlerin Angela Merkel die Fachminister zum Gespräch.

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Eine Hand greift ein kleines Fläschchen, in dem sich Corona-Impfstoff befindet (Slowakei Nitra | Coronavirus | Corona-Impfstoff)
Bild: TASR/dpa/picture alliance

Am Mittwoch will Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mit den zuständigen Ministern darüber beraten, wie mehr Impfstoff gegen das Coronavirus beschafft werden kann. Neben Gesundheitsminister Jens Spahn und Kanzleramtsminister Helge Braun werden auch Wirtschaftsminister Peter Altmaier (alle CDU) und Finanzminister Olaf Scholz (SPD) an dem Treffen teilnehmen.

Besprochen werden soll die Frage, "ob und wie die zusätzliche Produktion von Impfstoffen in Deutschland koordiniert unterstützt werden kann", sagte Spahns Sprecher Hanno Kautz. Der Gesundheitsminister war zuletzt wegen der Beschaffung des Corona-Impfstoffs der Firma BioNTech in die Kritik geraten. Es gibt Vorwürfe, es sei nicht genügend Impfstoff bestellt worden.

Der Fragenkatalog der SPD

Auch der Koalitionspartner SPD meldete in dieser Frage Zweifel an. Nach Informationen der Nachrichtenagentur Reuters fordern die SPD-regierten Bundesländer in einem umfangreichen Fragenkatalog Aufklärung von Spahn. Unter anderem wird darin die Frage gestellt, warum die Europäische Kommission im Vergleich etwa zu anderen Industrieländern "insgesamt so wenige Dosen vorbestellt und nicht auch größere Mengen an Optionen gesichert" habe. Zudem fragen die SPD-geführten Länder, warum nicht auch in der EU eine zusätzliche Lizenzproduktion des Impfstoffs von BioNTech und Pfizer möglich sei.

Mitarbeiterin eines Logistikunternehmens steht neben zwei auf einer Palette stehenden Kartons mit Corona-Impfstoff und notiert etwas (Nordrhein-Westfalen | Coronavirus Impfstoff)
Mitarbeiterin im nordrhein-westfälischen Zentrallager nimmt neue Impfdosen anBild: Staatskanzlei des Landes Nordrhein-Westfalen/dpa/picture alliance

Bislang wurden in Deutschland 1,3 Millionen Dosen des Impfstoffs der Mainzer Firma BioNTech an die Bundesländer geliefert. Damit werden zunächst Bewohner von Alten- und Pflegeheimen, Menschen über 80 Jahre sowie Pflegekräfte und besonders gefährdetes Krankenhauspersonal versorgt. Nach Angaben des Robert Koch-Instituts wurden bis zum Dienstagmittag rund 317.000 Personen geimpft. Bis zum 1. Februar sollen weitere 2,68 Millionen Impfdosen an die Länder verteilt werden. Die Kritiker halten das für zu wenig. Deutschland hätte aus ihrer Sicht jenseits der europäischen Vereinbarungen eine größere Menge des Impfstoffs separat sichern sollen.

BioNTech-Chef Ugur Sahin versicherte unterdessen, sein Unternehmen könne "bis zum Sommer" Impfstoff in ausreichender Menge bereitstellen, um jede und jeden Impfwilligen zu versorgen. Der Bund und das Land Hessen wollen BioNTech zudem dabei unterstützen, noch im Februar in einem neuen Werk in Marburg die Produktion zu starten. Darauf verständigten sich Vertreter von Bund und Ländern bei ihrem Krisengipfel am Dienstag. Medienberichten zufolge verhandelt BioNTech parallel auch mit der EU-Kommission über eine Erhöhung der Lieferzahlen. Insidern zufolge geht es um 50 bis 100 Millionen zusätzliche Impfeinheiten. Bereits im November hatte Brüssel bei dem Mainzer Unternehmen 200 Millionen Dosen bestellt - mit einer Option auf 100 Millionen weitere. Ein Sprecher der Kommission wollte diese Zahlen zunächst nicht bestätigen. 

Kooperation mit Russland als Option?

Möglich wäre auch eine Zusammenarbeit Deutschlands über die Grenzen der EU hinaus. Nach Kreml-Angaben hat Russlands Präsident Wladimir Putin mit der Bundeskanzlerin über eine Kooperation bei der Produktion von Impfstoffen beraten. Details des Gesprächs wurden nicht veröffentlicht. Es sei aber vereinbart worden, "die Kontakte zu diesem Thema zwischen den Gesundheitsministerien und anderen spezialisierten Strukturen der beiden Länder fortzusetzen".

Ein Sprecher der Bundesregierung bestätigte lediglich, dass Merkel mit Putin telefoniert habe. "Im Mittelpunkt stand die Bekämpfung der COVID-19-Pandemie", hieß es weiter. Russland hat bereits am 5. Dezember damit begonnen, Risikogruppen mit seinem selbst entwickelten Corona-Impfstoff Sputnik V zu impfen. Dass die russischen Behörden Sputnik V bereits im August und damit vor Abschluss der letzten Testphase zugelassen hatten, war international auf Kritik gestoßen. Weil die Produktionskapazitäten in Russland inzwischen komplett erschöpft sind, soll Indien 100 Millionen Dosen des Impfstoffs herstellen. Auch mit Brasilien, China und Südkorea hat Russland bereits Partnerschaften vereinbart. 

djo/ml (afp, dpa, rtr)