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Merkel und Hollande üben Schulterschluss

Barbara Wesel7. April 2016

In der Flüchtlingspolitik waren Paris und Berlin zuletzt überkreuz. Premier Manuel Valls kritisierte offen die Politik von Angela Merkel. Jetzt aber suchen Deutschland und Frankreich den Schulterschluss - aus Not.

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Frankreich Francois Hollande empfängt Angela Merkel (C) Reuters/T. Camus
Bild: Reuters/T. Camus

Die französischen Zeitungen hatten im vorab schon gespottet: Dieses 18. Treffen der Regierungen aus Berlin und Paris sei nichts als eine Show: Eine Veranstaltung um den schönen Schein wieder herzustellen, ätzte etwa "Le Monde". Aber in "stürmischer Zeit", wie die Bundeskanzlerin die Lage Europas vorsichtig umschrieb, sind Anschein und öffentliche Wahrnehmung auch Mittel der Politik.

Die Bundeskanzlerin lässt sich für das übliche Familienfoto lachend neben dem französischen Premier Manuel Valls aufnehmen, dabei dürfte ihr seine offene Kritik an ihrer "Willkommenspolitik" für Flüchtlinge vom Februar übel aufgestoßen sein. Aber: "Harte Worte und Kritik, auch Unterschiede, stacheln mich an". Es geht darum, die Risse im deutsch-französischen Verhältnis zu kitten, oder sie zumindest zu überkleben.

Französisch-deutsche Lösungen für Europa

So zeigen sich der französische Präsident und die Bundeskanzlerin wie ein Herz und eine Seele:"Es geht um den Schutz der Außengrenzen in Europa, damit wir so schnell wie möglich zu Schengen zurück kommen können", sagt Francois Hollande. "Wir müssen zeigen, dass wir die Außengrenzen schützen können, um den Schengen-Raum zu erhalten, statt nationale Grenzen wieder zu errichten", erklärt Angela Merkel. Beide lesen quasi vom gleichen Sprechzettel ab.

Deutsch-französischer Ministerrat in Metz REUTERS/Vincent Kessler
Gute Laune beim deutsch-französischen Ministerrat in MetzBild: Reuters/V. Kessler

Die europäische Lösung, die die Kanzlerin seit Monaten proklamiert hat, ist jetzt in dem Abkommen mit der Türkei gefunden, so beteuert Francois Hollande. Es müsse so schnell und gut umgesetzt werden wie möglich, und man habe auch schon ein paar hundert Polizisten und Experten dafür nach Griechenland entsandt. Schließlich habe er der Kanzlerin dabei geholfen, diese Vereinbarung über die Rücknahme von Flüchtlingen mit Ankara zu beschließen. Der Präsident preist das als Beispiel für die funktionierende Zusammenarbeit zwischen beiden Ländern.

Vielzahl gemeinsamer Projekte

Kein Wort mehr darüber, wie er Merkel auflaufen ließ, als sie einen Verteilungsmechanismus für Flüchtlinge in Europa vereinbaren und die Krise mit einer Koalition der Willigen lösen wollte. Die Frage, wie es damit steht, wischten Hollande und die Kanzlerin vom Tisch: So lange Menschen mit Schleppern über das Mittelmeer kämen, sei noch nicht der Zeitpunkt, darüber zu verhandeln. Beide betonen auch, sie wollten nach Kräften Libyen stabilisieren und einer neuen Flüchtlingswelle von dort den Weg abschneiden. Einmal mehr wird der Kampf gegen die Menschenhändler beschworen.

Die französische Abkehr von der Gemeinsamkeit war weitgehend von Angst getrieben: Vor den Rechtspopulisten der Front National, vor neuen Terroranschlägen und einer weiteren Talfahrt der schwachen Wirtschaft. Außerdem: Francois Hollande ist der unbeliebteste Präsident der jüngeren Geschichte, sein innenpolitischer Spielraum beschränkt. Jetzt aber erinnern er und die Kanzlerin noch einmal an die Vielzahl gemeinsamer Projekte: Maßnahmen beim Kampf gegen den Terror, eine engere Zusammenarbeit in der Verteidigung und etwa beim Kampf gegen internationale Steuerhinterziehung. Die "Panama Papiere" sorgen in Frankreich für ziemlichen Aufruhr.

Beziehungen zur Ukraine fortsetzen

Angela Merkel vermeidet auch nach dem Referendum in den Niederlanden jedes Krisengerede: Sie hoffe, "dass der Weg der Ukraine kontinuierlich fortgesetzt" werden könne, trotz des Neins der Niederländer zum Assoziierungs-Abkommen. Sie setzt wohl auf Zeit und auf eine juristische Lösung. Auch Francois Hollande will die Teile des Vertrages weiter umsetzten, die von dem Votum nicht betroffen sind. Ansonsten habe die Volksabstimmung vor allem "Folgen für die niederländische Regierung".

Dabei sitzt Paris und Berlin die Angst vor dem nächsten Referendum im Nacken. Ende Juni nämlich stimmen die Briten über einen möglichen Brexit ab. Auch deswegen zeigten Hollande und Merkel auch in Metz eine so demonstrative Übung in deutsch-französischer und europäischer Harmonie. Schließlich können die Zeiten in der EU noch viel stürmischer werden.