Seit die Kryptowährung Bitcoin im Herbst zum Höhenflug ansetzte und einen Rekord nach dem anderen brach, sagen Krypto-Experten und -Enthusiasten, dass sich das Blatt gewendet habe. Nach jahrelangem Schlingerkurs ging es für die digitale Währung plötzlich nur noch aufwärts. Im Oktober hatte PayPal angekündigt, Bitcoin als Zahlungsmittel zu akzeptieren, und viele haben daraus geschlossen, dass Bitcoin nun endlich die langfristige Stabilität und den institutionellen Rückhalt gewonnen hat, den es braucht, um eine weit verbreitete Währung zu werden.
Was bedeutet es vor diesem Hintergrund, dass eine Entscheidung von Tesla den Kurs um 15 Prozent in die Höhe schnellen ließ? Der US-amerikanische Elektroautohersteller unter der Leitung von Elon Musk, einem der reichsten Menschen der Welt, hatte Anfang dieser Woche angekündigt, dass er 1,5 Milliarden Dollar (1,24 Milliarden Euro) - zehn Prozent der Barreserven von Tesla - in Bitcoin investieren und künftig auch Käufe mit der digitalen Währung akzeptieren werde.
Weiterhin ein steiniger Weg
Teslas Entscheidung ist der größte Kauf von Bitcoin-Einheiten durch ein Unternehmen überhaupt. Kryptofans knüpfen daran verständlicherweise große Hoffnungen. Aber dieser Schritt unterstreicht auch den steinigen Weg, den Bitcoin vor sich hat, wenn es versucht, sich von einem Punkrock-Investment-Tool in die notwendigerweise langweilige Währung zu verwandeln, die es werden wird, wie viele glauben.
Das Interesse von Musk an Kryptowährungen ist kein Geheimnis. Er schreibt häufig über Bitcoin und andere digitale Währungen auf Twitter und ist in der Krypto-Szene beliebt. Die wichtigere Frage ist, weshalb Tesla als Unternehmen über eine Milliarde Dollar in Bitcoin investiert, während es an anderen Stellen im Unternehmen so viele quietschende Räder gibt, aber kein Schmieröl: Teslas Fahrzeugproduktion hinkt immer noch der Nachfrage hinterher, Kunden warten mitunter Monate auf ihre Bestellung. Und es wurde wenig getan, um den Klagen der Arbeiter über niedrige Löhne und schlechte Arbeitsbedingungen nachzukommen. Warum nicht etwas von den 1,5 Milliarden hierfür einsetzen?
Ein Grund dafür könnte sein, dass es Tesla bei der Bitcoin-Geldanlage weniger darum geht, sich in aufregende Investitionen zu stürzen, sondern vielmehr darum, den Kern der eigenen Marke zu stärken.
Musk untermauert seinen Ruf
Tesla und Musk haben den Ruf, auf dem neuesten Stand der Technik zu sein. Dieser jüngste Schritt ist ein kluger Weg, um Menschen vom Kauf eines Tesla zu überzeugen, die ihm bereits wohlgesonnen sind. Bitcoin-Fans haben (mal wieder) ihren Moment im Rampenlicht. Vielleicht hatte Musk das Gefühl, dass nun der ideale Moment ist, um aus ihrer Sympathie ihm gegenüber Kapital zu schlagen. Dass Tesla Bitcoin-Zahlungen akzeptiert, wird das zukunftsorientierte Image des Unternehmens weiter fördern und zumindest ein paar selbsternannte Visionäre anziehen, die mehr als glücklich sein werden, für das Auto der Zukunft mit der Währung der Zukunft zu bezahlen.
Da ist aber auch der Investitionsaspekt: Musk ist sich bewusst, dass die Kryptowährung sensibel ist. Er wusste, dass der Bitcoin-Kurs wahrscheinlich in die Höhe schnellen würde, wenn Tesla ankündigt, dass mit Bitcoins Autos gekauft werden können. Nun gibt sein Unternehmen 1,5 Milliarden Dollar für Bitcoins aus. Der Kurssprung von 15 Prozent, der darauf folgte, bedeutet, dass Tesla bereits eine Viertelmilliarde Dollar mit dem Projekt verdient hat.
Eine Deflationssensation
So aufregend dieser durch Tesla ausgelöste Anstieg des Bitcoin-Preises auch sein mag: Wir sehen wieder die Art von Volatilität, die nichts Gutes für die Zukunft von Bitcoin als Zahlungsmittel verheißt.
Stetig steigende Preise machen Bitcoins zwar zu einem attraktiven Anlageinstrument. Als Zahlungsmittel sind sie jedoch eher problematisch: Deflation! In einem Bericht der Nachrichtenagentur Reuters klage ein Bitcoin-Begeisterter, dass er es bereute, im Jahr 2016 Bitcoins für den Kauf eines Tesla verwendet zu haben. Damals zahlte der Kunde umgerechnet 130.000 US-Dollar in Bitcoin für sein Fahrzeug mit Hilfe eines Bitcoin-Zahlungsgateways - einem Service, der es Händlern erlaubt, Bitcoin-Transaktionen über einen Mittelsmann abzuwickeln. Die 130.000 Dollar, die er für das Auto ausgegeben hat, wären heute über 14 Millionen Dollar wert. Die "Neuartigkeit" des Bezahlens mit Bitcoin war nur eine schwache Entschädigung, um den verlorenen Wert auszugleichen, sagte er.
Weiterhin keine nützliche Währung
Wenn ich zaubern könnte und plötzlich die ganze Welt Bitcoin benutzen würde, hätten wir sofort eine massive Deflation. Denn die Leute würden die Währung horten, anstatt sie auszugeben, was die Preise nach unten treibt. Im Moment ist es ein zu gutes Investment-Tool, um eine nützliche Währung zu sein. Ironischerweise verstärkt der aktuelle Schritt von Tesla dieses Problem auch noch - zumindest auf kurze Sicht.
Teslas Erlaubnis, mit Bitcoin zu zahlen, wird das Vertrauen in die Kryptowährung stärken. Andere Unternehmen werden jetzt nachziehen. Auch wenn sie nicht selbst investieren, werden sie wahrscheinlich trotzdem Bitcoin als Zahlungsmittel akzeptieren, aus Angst sonst Umsatz zu verlieren.
Da immer mehr Institutionen auf den Zug aufspringen, dürfen wir fest davon ausgehen, dass der Wert von Bitcoin weiter steigen wird. Und in der festen Überzeugung, dass alle anderen es ausgeben, wird es niemand tun.