Mehrheit für verschärftes Ausländerrecht
28. November 2010Ein Jahr nach dem Bauverbot für Minarette haben in der Schweiz 52,9 Prozent der Stimmberechtigten am Sonntag (28.11.2010) für eine automatische Ausweisung krimineller und verurteilter Ausländer gestimmt. Ein moderaterer Gegenvorschlag von Regierung und Parlament, der eine juristische Einzelfallprüfung vorsieht, fiel durch. Er erhielt lediglich 47,1 Prozent der Stimmen.
Abschiebung schon bei Sozialbetrug
Die Initiative für das Gesetzesvorhaben kam von der nationalkonservativen Schweizer Volkspartei (SVP). Sie hatte mit fremdenfeindlichen Plakaten für ihr Vorhaben geworben, zum Beispiel mit Schäfchen-Plakaten, auf denen ein weißes Schaf zu sehen ist, das ein schwarzes mit einem Tritt von der Schweizer Flagge bugsiert.
Nach dem neuen Gesetz soll neben Kapitalverbrechen auch eine Verurteilung wegen Schwarzarbeit oder Sozialhilfebetrugs ausreichen, um ausgewiesen zu werden. Ein Wiedereinreiseverbot soll für einen Zeitraum von fünf und 15 Jahren gelten. Das Parlament muss noch eine detaillierte Liste erarbeiten, bei welchen Delikten genau die automatische "Ausschaffung" - wie Abschiebung in der Schweiz genannt wird - greifen soll. Die Arbeit an der Liste kann nach Aussage von Abgeordneten einige Jahre in Anspruch nehmen.
Regierung: Verstoß gegen Menschenrechte
Die Regierung und auch unabhängige Rechtsexperten warnten, dass das neue Gesetz gegen Verträge mit der EU und gegen die Europäische Menschenrechtskonvention verstoße, weil etwa das Alter eines Täters oder die Menschenrechtslage in dessen Heimatland nicht berücksichtigt werden.
Neben der Schweizer Regierung lehnen auch die linken Parteien, die Kirchen und die Gewerkschaften die "Ausschaffungsinitiative" der SVP ab. Sie sei willkürlich und die Strafe der Ausweisung sei in vielen Fällen unverhältnismäßig.
Votum gegen höhere Steuern für Reiche
Die Schweizer stimmten am Sonntag auch über eine Initiative der Sozialdemokratischen Partei (SP) ab, mit der den Kantonen ein Mindestteuersatz für höhere Einkommen auferlegt werden sollte, um so einen Niedrig-Steuerwettbewerb zwischen den Gebieten zu verhindern. Diese Initiative wurde allerdings mit 58,5 Prozent der Stimmen abgelehnt.
In der Schweiz liegt die Einkommensteuer-Hoheit bei den Kantonen und Gemeinden, die sich zum Teil einen Wettbewerb um die niedrigsten Steuern liefern. Wirtschaftsverbände waren gegen die Initiative Sturm gelaufen und bekannte Unternehmer hatten mit Wegzug gedroht.
Autorin: Ursula Kissel (dpa, rtr, afp, dapd)
Redaktion: Dеnnis Stutе