Mehr als Konsum: Wie deutsche Juden Reklame nach Israel brachten
Von den berühmten Jaffa-Orangen zu Erdnussflips: Werbung im alten Palästina bedeutete zuerst einmal, Produkte zu verkaufen. Eine Ausstellung in Israel zeigt jetzt: Es ging um viel mehr. Um Reklame für den eigenen Staat.
Die Zukunft liegt in Palästina
Im Palästina der 1930er Jahre wurden nicht allein Produkte beworben, sondern Träume verkauft. Die Zionisten träumten von einem eigenen Staat - von Eretz Israel. Oben am Kiosk zu erkennen: Werbung für "Atid"-Zigaretten. "Atid" heißt auf hebräisch Zukunft.
Aliyah. Die Einwanderung
Eine andere Zigarettenmarke der 1930er Jahre nannte sich "Aliyah", so wie die jüdische Einwanderung ins Heilige Land. Auf dem Plakat links deutlich zu erkennen: das Schiff, das neue Einwanderer aus Europa nach Palästina bringt. Es erinnerte die Käufer vermutlich nicht nur an die eigene Überfahrt, sondern war verbunden mit der Hoffnung, es mögen mehr Juden ins Heilige Land kommen.
Ein neues Lebensgefühl
Die Ausstellung "Und jetzt zur Werbung" im Jeckes Museum in Tefen, Israel, kontrastiert Werbeplakate und Originalverpackungen der 30er, 40er und 50er Jahre mit Schwarz-Weiß-Fotografien von Alfons Himmelreich. Auch er war ein sogenannter "Jecke". Ein Jude, der aus dem deutschsprachigen Raum nach Palästina emigriert war. Er fing das Lebensgefühl der damaligen Zeit ein - zum Beispiel im Kaffeehaus.
Kaffee Landwer
Die Jeckes brachten ihre alten Gewohnheiten mit ins neue Land. Dazu gehörte für viele Österreicher wie den Werbemacher Franz Krausz, von dem beide Plakate oben stammen, auch die Wiener Kaffeehauskultur. "Landwer's Coffee" mit eben diesem Schriftzug, den das Plakat oben zeigt, gibt es heute noch. Es ist eine Kaffeehauskette in Tel Aviv.
Chronist des Großstadtlebens in Tel Aviv
Der Fotograf Alfons Himmelreich stammte aus München. 1933 emigrierte er ins damalige Palästina. Fotografieren war für ihn erst einmal nur ein Hobby - bis er 1942 in Tel Aviv ein Fotostudio eröffnete. Alle Fotografien der Ausstellung im Jeckes-Museum stammen aus dem Buch "Alfons Himmelreich: Photographer on the Roof".
Seife mit zionistischer Botschaft
Alle Plakate der Ausstellung sind Repliken. Auch konnte nicht geklärt werden, in welchem Jahr sie erschienen. Die Werbung oben links im Bild muss aus der Zeit vor der Staatsgründung stammen. Auf der Seife steht "Palestine". Doch der Name und das dazugehörige Symbol auf der Seife sind eindeutig: "Menorah". Ein jüdischer Staat soll aufgebaut werden.
Produkte aus dem eigenen Land
Die neueingewanderten Juden brachten ihre Vorstellung vom Leben in westeuropäischen Großstädten wie Berlin oder Wien mit. Dies zeigt die Ausstellung mit Werbung für Seifen, Rasierklingen und Zigaretten. Zugleich wird aber auch deutlich, wie wichtig die Landwirtschaft für die Zionisten war. Beworben wurde Obst und Gemüse mit dem Slogan "produziert im Land". Gemeint war das Land Israel.
Die berühmten Jaffa-Orangen
Vor allem zwei Produkte wurden in Palästina produziert - und das schon vor der jüdischen Einwanderung: Olivenöl und Orangen. So ist die "Jaffa-Orange", benannt nach der arabischen Stadt Jaffa, die heute in Israel liegt, bereits seit dem 19. Jahrhundert als besonders süße Frucht bekannt. Doch erst die Zionisten machten die Jaffa-Orangen zum Exportschlager.
Neue Zielgruppe: Kinder
In erster Linie jedoch wurde in den 30er bis 50er Jahren für das eigene Land produziert. Und hier entdeckten die Werber eine neue Zielgruppe: Kinder. Der damals größte Lebensmittelproduzent "Osem" warf schließlich in den 60er Jahren ein neues Produkt auf den Markt: Erdussflips für Kinder! Der Name ...
Jedes israelische Kind kennt sie...
... Bamba! Bis heute gibt es die Erdnussflips, und jedes israelische Kind (und Erwachsener) kennt sie. Angeblich leiden israelische Kinder sogar weniger an Nussallergien, weil sie schon früh mit den Flips gefüttert werden, so ein beliebtes Gerücht. Die erste Verpackung und das Werbeplakat entwarf Otte Wallish, ein Jecke aus dem Sudentenland. Seine Schrift ziert noch die heutigen Bamba-Packungen.
Eintauchen in die Jahre der Staatsgründung
Für die Leiterin des Jeckes Museums in Tefen ist klar: "Das eigentliche Nationalgericht in Israel ist Bamba! Nicht Falafel ..." Und so steckt in der Ausstellung auch ein Stückchen Nostalgie. Eine liebevolle Erinnerung an die Zeit kurz vor und nach der Staatsgründung, die in Israel bis heute einen wichtigen Stellenwert einnimmt.
Rund 70.000 Juden aus dem deutschsprachigen Kulturraum emigrierten zwischen 1933 und 1941 nach Palästina. Sie brachten ein Stück ihrer alten Heimat mit in die Neue. Dazu gehörten Wiener Kaffeehäuser wie auch deutsche Tütensuppe und die Tatsache, dass man Produkte versuchte, so gut wie möglich zu verkaufen - mit Hilfe von Werbung.