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Mazedonisch-serbischer Kirchenstreit vor der Beilegung?

17. Mai 2002

– Beide Seiten gehen mit Kompromissvorschlägen in die nächste Verhandlungsrunde

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Köln, 15.5.2002, DW-radio/Mazedonisch

Die Mazedonisch-Orthodoxe Kirche (MPC) hat den Vorschlag der Serbisch- Orthodoxen Kirche (SPC) über den Status der MPC bei den Verhandlungen angenommen. Die Verhandlungen werden am 17. Mai in Nis fortgesetzt. Die mazedonischen Erzpriester sind zu der Übereinkunft gelangt, dass die Verhandlungen unter Berücksichtigung eines neuen mazedonischen Vorschlags, der eine neue Dimension enthält, fortgesetzt werden. Der Vorschlag bezieht sich auf die Terminologie. Bisher vertrat Belgrad die Ansicht, dass sich die MPC als autonom bezeichnen sollte, während die Kirchenvertreter Skopje auf der Autokephalie bestanden. Nun liegt der Vorschlag vor, dass sich beide Seiten auf den Begriff "Selbständige Kirche Mazedoniens" einigen sollten.

Die mazedonische Delegation behält ihre bisherige Zusammensetzung und wird von Metropolit Petar geleitet. Der erwähnte Vorschlag bietet die Chance, dass die Verhandlungen, die vor anderthalb Jahren am toten Punkt angelangt waren, wiederaufgenommen werden. Damals war es wegen des Krieges in Mazedonien unmöglich, die Verhandlungen fortzusetzen. Die mazedonische Seite akzeptierte die Forderung Belgrads, die Verhandlungen ohne die Vermittlung des albanischen Erzbischofs Anastasije fortzusetzen.

Der neue Vorschlag der MPC knüpft in gewisser Weise an den Vorschlag der SPC aus dem Jahre 1959 an, der eine Reaktion auf die Ausrufung der Autokephalie der MPC war. Die serbische Kirche bot damals der MPC eine weitreichende Autonomie an, die als Selbständigkeit bezeichnet wurde. Darunter wurde verstanden, dass der MPC gewisse Privilegien eingeräumt wurden. So hätte sie ihre Bischöfe selbst wählen und über ihre Einkünfte selbst verfügen dürfen, ohne die SPC fragen zu müssen. Der MPC wurde zur Bedingung gestellt, dass der Name des serbischen Patriarchen beim Gottesdienst genannt werden müsste. Ferner bestand die Einschränkung, dass die MPC nicht eigenständig bei Treffen der orthodoxen Kirchen hätte auftreten dürfen.

Der neue Vorschlag aus Skopje ist, dass die 1959 zugestandene Selbständigkeit ausgeweitet wird um das Recht, dass Delegationen der MPC eigenständig bei Kirchentreffen auftreten dürfen. Die serbische Seite könnte diesen Vorschlag als problematisch ansehen.

Nach Angaben hoher Kirchenvertreter soll bei den Verhandlungen ferner das Problem der Bezeichnung MPC erörtert werden, um weitere mühsame Verhandlungen mit der griechischen Kirche zu vermeiden. Die SPC hat zwar überhaupt kein Problem mit der Bezeichnung MPC. Sie nimmt allerdings den Vorschlag der griechischen Kirche an, auch darüber zu verhandeln und vorzuschlagen, diese zu ändern. Dies geht auf den Streit zwischen dem mazedonischen und dem griechischen Staat über den Namen Mazedonien zurück. Ein Vorschlag könnte lauten, dass die Bezeichnung "Erzbistum Ohrid" gegenüber der griechischen Kirche und MPC gegenüber den übrigen Kirchen verwendet wird.

Theologen und Kirchenvertreter aus Skopje sowie einige jüngere Metropoliten vertreten die Ansicht, dass dieser Vorschlag die Streitigkeiten beilegen und die MPC in die Gemeinschaft der orthodoxen Kirchen wiederaufgenommen werden könnte, allerdings unter einer Bedingung: die mazedonische Seite müsste Garantien dafür fordern, dass die Eigenständigkeit in absehbarer Zeit in Autokephalie umgewandelt werde. (md)