Macrons Versprechen im Präsidentschaftswahlkampf
2. April 2022Gut eine Woche vor der ersten Runde der Präsidentschaftswahl in Frankreich hat Staatschef Emmanuel Macron mehr soziale Gerechtigkeit und Kaufkrafthilfen in der aktuellen Krise in Aussicht gestellt. "Unser Projekt für 2022, das ist Solidarität und sozialer Fortschrit", sagte Macron vor zehntausenden Anhängern in Nanterre bei Paris bei seinem einzigen großen Auftritt vor der ersten Runde der Wahl.
"Franzosen, die arbeiten, sollen nicht ihr ganzes Gehalt in Tankfüllungen und Einkäufe stecken, das ist ungerecht." Ab dem Sommer sollten Beschäftigte eine steuerfreie Kaufkraftprämie von bis zu 6000 Euro erhalten können, sagte der 44-jährige Mitte-Politiker, der für eine zweite Amtszeit kandidiert. Auch Selbstständigen stellte er mehr Geld in Aussicht. Weitere Investitionen und Verbesserungen kündigte Macron für das Gesundheits- und Bildungswesen an. Die Mindestrente solle künftig nach einer vollständigen Berufstätigkeit bei 1100 Euro liegen. Die Hilfen für alleinerziehende Eltern sollten erhöht werden.
Franzosen sollen länger arbeiten
Um die angekündigte Stärkung des Sozialstaates sowie weitere Steuersenkungen zu finanzieren, schwor Macron die Franzosen bei seinem Wahlkampfauftritt auf eine Anhebung des Renteneintrittsalters von 62 auf 65 Jahre ein. Ein Sozial- und Wohlfahrtsstaat sei nicht möglich, wenn der Staat nicht produziere und Reichtum schaffe. "Wir müssen mehr arbeiten." Erstmals seit den 1970er Jahren sei es in Frankreich wieder möglich, die Vollbeschäftigung zu erreichen.
Macron legte außerdem ein flammendes Bekenntnis für Europa ab. Europa sei bestens dafür gerüstet, die mit dem Ukraine-Krieg drohende Ernährungskrise zu bekämpfen und die Klimakrise zu meistern. "Wir sind stolz, Europäer zu sein und die Europa-Flagge neben unserer Nationalfahne wehen zu lassen." Zugleich setze Frankreich auf eine unabhängige Politik, den Austausch mit anderen Staaten und die Bildung neuer Allianzen.
Warnung vor dem Brexit-Effekt
Wegen seiner diplomatischen Bemühungen im Ukraine-Krieg war Macron spät in den Wahlkampf eingestiegen. In den Umfragen liegt er klar vorne, seine Hauptherausforderin, die Rechtspopulistin Marine Le Pen, hat zuletzt aber kräftig aufgeholt. Eine Umfrage für die Zeitung "Le Journal du Dimanche" sah Macron am Samstag bei 27 Prozent und Le Pen bei 22 Prozent.
Macron warnte vor einem Brexit-Effekt bei den Wahlen. "Wir sollten genau hinschauen, was bei der Brexitabstimmung in Großbritannien passierte - und auch bei vielen anderen Wahlen. Was unmöglich erschien, wurde wahr." Macron rief seinen fahnenschwingenden Anhängern zu: "Nichts ist unmöglich".
Liebeserklärung vor zehntausend Zeugen
Der wohl emotionalste Moment des Auftritts Macrons galt aber seiner wohl treuesten Anhängerin. Während der Rede in der vollbesetzten Sportarena hatte Macron zunächst seinen Eltern gedankt, die mit im Saal saßen.
Danach würdigte er "die Anwesenheit von derjenigen, die mir am wichtigsten ist, die mir am meisten bringt in diesem einzigartigen Abenteuer des Lebens – Brigitte". Die Anhänger - einschließlich des Regierungskabinetts und Macrons Frau - reagierten mit viel Applaus. Danach hauchte Brigitte ihrem Mann unter tosendem Jubel einen Handkuss zu.
fab/cw (dpa, rtre)