1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

Macron gibt dem Libanon "letzte Chance"

2. September 2020

Libanons politisches System gilt als reformunfähig. Nun macht Frankreichs Präsident Druck: Die Führung des Krisenlandes müsse rasch einen Wandel einleiten - oder sie müsse mit Sanktionen rechnen, so Emmanuel Macron.

https://p.dw.com/p/3hswq
Libanon Beirut Pressekonferenz Emmanuel Macron
Bild: picture-alliance/AP Images/G. Fuentes

Vier Wochen nach der verheerenden Explosion im Hafen von Beirut erhöht Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron den Reformdruck auf die politische Führung des Libanon. Bei einem Besuch in der Hauptstadt Beirut warnte Macron, langfristige internationale Hilfe werde nur ausgezahlt, wenn bis Oktober Reformmaßnahmen eingeleitet worden seien.

Zugleich schlug er vor, eine weitere Libanon-Geberkonferenz unter UN-Schirmherrschaft einzuberufen. Die internationale Gemeinschaft müsse ihre Bemühungen für die Libanesen fortsetzen, betonte Macron.

Die politischen Kräfte in dem Mittelmeerland hätten sich darauf verständigt, dass eine neue Regierung innerhalb von 15 Tagen gebildet werden solle, berichtete der französische Präsident. Als "ersten Eckpfeiler einer neuen Etappe" bezeichnete Macron die Nominierung des bisherigen libanesischen Botschafters in Deutschland, Mustafa Adib,  als neuen Premier.

Reformen, Reformen, Reformen 

Die nächsten Monate seien "fundamental" für einen wirklichen Wandel. Sollte dieser ausbleiben, werde er den Kurs ändern und Strafmaßnahmen ergreifen, kündigte Macron in einem Interview der Nachrichtenseite "Politico" an. So könnten auch Sanktionen gegen die Führungsklasse verhängt werden. "Es ist die letzte Chance für dieses System." Notwendig seien Reformen etwa im Energiesektor, im Bankenwesen und in der Justiz. Auch die weit verbreite Korruption prangerte Macron an.

Libanon Beirut Protest an der Französischen Botschaft
An der Residenz des französischen Botschafters in Beirut: drinnen Macron, draußen DemonstrantenBild: Reuters/A. Taher

Der Libanon erlebt seit Monaten eine der schwersten Wirtschafts- und Finanzkrisen seiner Geschichte. Die Corona-Pandemie und die Explosion im Beiruter Hafen, bei der mehr als 180 Menschen getötet und Tausende verletzt wurden, haben die Lage weiter verschärft. Große Teile der Bevölkerung sind in die Armut abgerutscht, dem Land droht ein Staatsbankrott. Seit Monaten kommt es immer wieder zu Massenprotesten. Kritiker werfen der politischen Elite vor, sie sei nur am Erhalt ihrer eigenen Macht und ihres Reichtums interessiert.

Libanons schwieriges Proporzsystem

Das politisches System im Libanon hat sich in den vergangenen Jahren immer wieder als reformunfähig erwiesen. Die Macht ist zwischen den Konfessionen aufgeteilt: Der Präsident ist ein Christ, der Premier ein Sunnit und der Parlamentspräsident ein Schiit. Eine besondere Rolle spielt die schiitische Hisbollah, die starken Einfluss besitzt. Gegen die Interessen der pro-iranischen Organisation kann kaum regiert werden. 

Als frühere Kolonialmacht pflegt Frankreich enge Beziehungen zum Libanon. Macron hatte am Dienstag auch an einer Feier zum 100. Jahrestag der Gründung des Libanon teilgenommen. Dort pflanzte er einen Zedernbaum, das Nationalsymbol des Landes.

wa/rk (dpa, afp, rtr)