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Machtkampf bei Labour

10. Juli 2016

Labour-Chef Jeremy Corbyn gerät weiter unter Druck: Die Abgeordnete Angela Eagle will sich um den Chefposten bewerben. Für den umstrittenen Parteivorsitzenden könnte es eng werden.

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Großbritannien: Angela Eagle Jeremy Corbyn (Foto: AFP)
Bild: Getty Images/AFP/L. Neal

Als Jugendliche gewann sie Schachturniere, jetzt könnte die britische Labour-Abgeordnete Angela Eagle den Noch-Parteichef Jeremy Corbyn schachmatt setzen. Die 55-jährige Ex-Gewerkschafterin kündigte an, dass sie am Montag offiziell ihre Bewerbung um den Parteivorsitz einreichen werde. Politischen Kommentatoren zufolge könnte Eagle genau die Richtige für den Posten sein, gilt sie doch als rhetorisch talentiert und versöhnend zugleich.

"Ich bin die richtige Person"

"Es könnte schon bald Parlamentswahlen geben und ich glaube, ich bin die richtige Person, um die Partei in diese Wahlen zu führen", sagte Eagle dem Sender ITV. Sie kämpfe für eine geheilte und vereinte Labour-Partei und für eine starke Opposition, "damit unsere Demokratie funktioniert". Sie kandidiere um den Parteivorsitz, um zu gewinnen, fügte sie hinzu. Der amtierende Parteichef Corbyn reagierte betont gelassen auf Eagles Ankündigung. Er sagte, er sei "keinem Druck" unterworfen.

Unter Corbyn gehörte Eagle zu dessen Schattenkabinett - bevor sie und zahlreiche andere Mitglieder das Schattenkabinett Ende Juni nach dem Brexit-Votum der Briten aus Protest verließen. Eagle schrieb ihrem Parteichef dabei einen geharnischten Brief: Zu viele Labour-Anhänger hätten sich beim Referendum über den britischen EU-Ausstieg von den Argumenten der Rechten überzeugen lassen, weil Labour unter Corbyns Führung nur "halbherzig" für die EU-Mitgliedschaft geworben habe, kritisierte sie. "In derart turbulenten Zeiten brauchen wir einen Anführer, der die Labour-Partei eher einen statt spalten kann."

Corbyn unter Druck

Corbyn ist spätestens seit dem Referendum als Parteichef hoch umstritten. Ende Juni stimmten nur 40 Labour-Abgeordnete in einer Vertrauensabstimmung für ihn, 172 aber gegen ihn. Corbyn blieb dennoch im Amt und verwies darauf, dass er von den Parteimitgliedern mit großer Mehrheit gewählt worden sei.

Falls Eagle sich im Führungskampf in der Labour-Partei durchsetzt, wäre es das erste Mal, dass eine bekennende homosexuelle Persönlichkeit an die Spitze einer großen britischen Partei tritt. Eagle gehört zum linken Labour-Flügel und hielt zu den früheren Parteichefs Tony Blair und Gordon Brown Distanz.

Einschätzungen politischer Beobachter zufolge könnte die 55-Jährige die richtige Persönlichkeit für diese Aufgabe sein. "Eagle fühlt sich wohl in ihrer Haut und kann alle Wählertypen ansprechen" - vom nordenglischen Arbeiter bis zum Hipster aus dem Londoner In-Bezirk Shoreditch, schrieb ein Kolumnist des "Daily Telegraph": "Sie wäre genau das, was Labour braucht."

Rhetorisches Talent

Eagle gilt als Vertreterin des linken Parteiflügels. Bei Abstimmungen folgte sie bislang stets der Fraktionsdisziplin - mit einer Ausnahme im vergangenen Jahr, als sie gegen Corbyn dafür stimmte, dass Großbritannien sich an den Luftangriffen des internationalen Militärbündnisses in Syrien beteiligt.

Während der bisherige Parteichef Corbyn in der wöchentlichen Fragestunde im Parlament rednerisch wenig überzeugen konnte, erwies sich Eagle in ihren Wortgefechten mit Finanzminister George Osborne als "pointiert und witzig", wie der konservative "Daily Telegraph" befand.

cr/stu (afp, rtr)