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Algarve: Viel Müll, kaum Recycling

Jochen Faget Lissabon
28. Mai 2018

Mehrere Betreiber, wenig Recycling: Bei der Müllabfuhr in der Urlaubsregion gibt es immer mehr Probleme. Vor allem, seit eines der Unternehmen privatisiert wurde. Doch auch ein nachhaltiges Konzept fehlt.

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Portugal Müll Algarve | Recyclingmüll am Rand der Nationalstrasse
Bild: DW/J. Faget

In dem Algarve-Städtchen Tavira kommt die Müllabfuhr oft zweimal täglich. Zuerst die städtische, dann ein Privatunternehmen. Trotzdem klagen die Bürger: Weil im Ferienparadies Algarve der Müll von verschiedenen Unternehmen eingesammelt und entsorgt wird, funktioniert keines wirklich gut. Die Sammelstellen quellen über, die Mülldeponien sind überlastet und viel zu wenig Abfall wird recycelt. Die Privatisierung des größten Entsorgers habe das Problem noch verschlimmert, klagt Rui Berkemeier von der Umweltschutzorganisation Zero: "Privatisieren klingt ja erst mal ganz toll. Aber leider gelingt es dem Staat nicht, die Müllunternehmen zu kontrollieren. Weder bei den vorgeschriebenen Recyclingquoten, noch bei der richtigen Endlagerung. Die Unternehmen machen letztendlich, was sie wollen."

Das sieht dann so aus: In Luz de Tavira stapeln sich Müllberge neben den Recyclingbehältern, bei Faro quellen Einwegflaschen aus den Altglascontainern, in Tavira vergammeln Haushaltsgeräte neben den Sammelstellen. Die beiden Mülldeponien der Region sind voll und müssen erweitert werden; eine davon verseuchte während der Frühlingsregen die Flüsse mit stinkenden Abwässern, nachdem sie im Vorjahr monatelang gebrannt hatte. Das Müllproblem im Süden Portugals stinkt zum Himmel.

Unsinniges Müllbeseitigungssystem

Im Fokus der Kritik steht der Deponienbetreiber Algar, der im Krisenjahr 2014 privatisiert wurde. Die Leistungen dieses Unternehmens, das auch für die Sammlung von Recyclingmüll zuständig ist, seien von da an immer schlechter geworden. "Wir waren schon immer gegen die Privatisierung", betont José Botelho, Bürgermeister von Tavira und Vorsitzender des Gemeindeverbands der Algarve. "Wir sind es sogar immer noch." Als im vergangenen Jahr die Müllberge während der Hochsaison besonders groß waren, haben die Städte sich beim Umweltministerium, der zuständigen Aufsichtsbehörde, beschwert und mit Vertragskündigung gedroht. Das Unternehmen, so die lautstarken Kritiken vor Ort, spare bei Müllfahrzeugen und Personal, entsorge nicht vorschriftengerecht, sei vor allem am Profit interessiert.

Portugal Müll Algarve | José Botelho
José Botelho, Bürgermeister von Tamira und Vorsitzender des GemeindeverbandesBild: DW/J. Faget

Mag alles richtig sein, räumt Abfallexperte und Umweltschützer Berkemeier ein. Das Problem liege jedoch tiefer: Wie ganz Portugal leiste sich die Algarve ein teures, aufwändiges und höchst ineffizientes Müllbeseitigungssystem: Während der Hausmüll meist von den Gemeinden abgeholt wird, kümmern sich andere, private Unternehmen um den lukrativen Recyclingabfall und die Mülldeponien. Wer Müll trennen will, muss den zu sogenannten Ökoinseln bringen, Container, die an Sammelstellen und oft weit entfernt stehen. Kontrollen, Strafen oder Gebühren gibt es nicht. Das Ergebnis sei, so Rui Berkemeier, katastrophal: "Portugal recycelt nur rund 30 Prozent seiner Abfälle, laut EU müssen es aber schon 2020 fünfzig Prozent sein." Das sei, meint der Müllfachmann, ohne eine Systemänderung unerreichbar.

Portugal Müll Algarve | Sperrmüll am Straßenrand
Kein schöner Anblick: Sperrmüll am StraßenrandBild: DW/J. Faget

Nachhaltige Lösung nötig

Der Kommunalpolitiker Botelho dagegen wiegelt ab: Trotz der 'Abfallpannen' habe die Lage in der Algarve sich verbessert, das private Recyclingunternehmen habe sich verpflichtet, sein Sammelsystem zu verbessern. In diesem Sommer werde es keine abschreckenden Müllberge an den Sammelstellen mehr geben, verspricht er - wohl auch, weil er auf neue Besucherrekorde in der vom Tourismus lebenden Region hofft. Neue Müllfahrzeuge seien gekauft, neue Sammelrouten geschaffen worden.

Die Politiker kümmerten sich nur um die Symptome, nicht um das wahre Problem, findet dagegen der Umweltschützer Rui Berkemeier. Gerade in der Algarve, deren Bevölkerung sich im Sommer wegen der Touristen mehr als vervierfache, sei dem Müllproblem nur mit neuen Ansätzen beizukommen. Nur wenn ein Betreiber für das Sammeln, Trennen und Wiederaufbereiten oder Deponieren der Abfälle zuständig sei, würden die Müllberge in der Algarve geringer werden. Und wenn die, die den Müll verursachen, auch für seine Beseitigung bezahlen müssen. Am besten natürlich an ein öffentliches, kein privates Müllbeseitigungsunternehmen.