1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Mörder nach umstrittenem Todesurteil in Texas hingerichtet

10. November 2023

Nach mehr als 30 Jahren in der Todeszelle ist im US-Bundesstaat Texas ein verurteilter Mörder hingerichtet worden. Das Urteil wurde trotz einer zweifelhaften Aussage eines Psychiaters im Prozess vollzogen.

https://p.dw.com/p/4YePl
USA Hinrichtungszelle in Texas
Eine Hinrichtungszelle im Staatsgefängnis in Huntsville im US-Bundesstaat TexasBild: epa/afp/dpa/picture alliance

Der 53-jährige Häftling Brent Brewer wurde im Gefängnis der Stadt Huntsville im US-Bundesstaat Texas mit einer Giftspritze hingerichtet, wie die Behörden mitteilten. Nach einem Bericht der Zeitung "Texas Tribune" starb er 15 Minuten nach der Verabreichung einer tödlichen Dosis Pentobarbital. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International und die Anwälte Brewers hatten vergeblich gegen die ihrer Ansicht nach falsche und unwissenschaftliche Aussage eines Psychiaters im Gerichtsverfahren protestiert.

An der Schuldfrage gibt es keine Zweifel. Brewer hatte 1990 als 19-Jähriger bei einem Raubmord einen 66 Jahre alten Geschäftsmann getötet. Die Beute betrug nur 140 Dollar. Das Opfer hatte Brewer und seine damalige Freundin zu einer Einrichtung der Heilsarmee gefahren, als es erstochen wurde. Brewer wurde 1991 zum Tode verurteilt, seine Freundin erhielt eine lebenslange Freiheitsstrafe.

Zweifelhafte Rolle eines Psychiaters

Das Todesurteil wurde 2009 in einem neuen Prozess überprüft und von den Geschworenen bestätigt. Allerdings sagte dabei ein Psychiater aus, der Brewer nie persönlich gesprochen hatte. Der Gutachter gab an, der Angeklagte habe "kein Gewissen" und werde in Zukunft erneut Gewalttaten begehen. Eine  solche rechtliche Feststellung ist in den USA für die Verhängung eines Todesurteils erforderlich.

Zwar wurde später in einem anderen Fall geurteilt, der Psychiater treffe seine Einschätzungen ohne wissenschaftliche Grundlage; ein Antrag, deswegen Brewers Hinrichtung auszusetzen, scheiterte aber vor Gericht. Brewers Anwalt Shawn Nolan erklärte nun in der Zeitung "Austin Chronicle", das gewaltfreie Verhalten seines Mandanten in mehr als 30 Jahren Haft beweise, dass die Aussage des Gutachters über eine zukünftige Gewalttätigkeit "Betrug" gewesen sei.

Missverständnis bei einer Geschworenen

In dem erneuten Urteil 2009 hatte eine Geschworene auch wegen eines Missverständnisses für die Todesstrafe gestimmt. Sie wollte eigentlich eine lebenslange Haftstrafe verhängen. Weil sie aber irrtümlicherweise davon ausging, dass auch mindestens zehn weitere Geschworene für eine Gefängnisstrafe stimmen müssen, stimmte sie schließlich der Todesstrafe zu.

In Texas müssen die Geschworenen einstimmig für die Todesstrafe stimmen. Es gibt aber Kritik daran, dass die Anweisungen für die Jury missverständlich seien. Brewers Anwälte scheiterten mit dem Versuch, die Hinrichtung mit einem Gnadengesuch wegen dieses Missverständnisses zu verhindern.

Reue und Entschuldigung

In einem Video für ein Gnadengesuch, das seine Anwälte veröffentlichten, äußerte Brewer Reue und entschuldigte sich bei der Familie des Opfers. "Es tut mir leid, was ich getan habe", sagte er darin. "Der 53 Jahre alte Mann, den Sie jetzt sehen, ist nicht der 19-Jährige, der ich im April 1990 war. Ich kenne diesen Jungen nicht einmal." Der Gefangene fügte hinzu: "Wenn man 19 oder 20 Jahre alt ist und verwirrt ist, oder Drogen nimmt und trinkt, oder mit den falschen Leuten abhängt, dann hat man kein echtes Wertesystem. Ich denke, man würde das einen moralischen Kompass nennen." In der Haft habe er an mehrjährigen religiösen Programmen teilgenommen, was ihm geholfen habe, einen solchen "moralischen Kompass" zu entwickeln.

Mit Brewers Hinrichtung sind in diesem Jahr in Texas bereits sieben Menschen exekutiert worden. In den gesamten Vereinigten Staaten von Amerika sind es 21. Nach einer neuen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Gallup unterstützen 53 Prozent der US-Bürger die Todesstrafe für verurteilte Mörder. Das ist der niedrigste Wert seit 1972.

kle/sti (afp, epd, ape)