1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Soziales Engagement zahlt sich nicht aus

Klaus Deuse
4. Mai 2021

Die Förderung sozialer Projekte zahlt sich für Luxus-Marken nicht aus. Wenn Kunden die Glaubwürdigkeit bezweifeln, geht der Umsatz spürbar zurück. Punkten können Unternehmen mit Nachhaltigkeit.

https://p.dw.com/p/3suAh
Chanel-Logo auf einer Handtasche
Chanel-Logo auf einer HandtascheBild: Christophe Ena/AP/dpa/picture alliance

Wer Gutes im Privaten tut, will nicht unbedingt darüber reden. Unternehmen dagegen weisen gern auf ihr soziales Engagement hin, um Konsumenten ihre gesellschaftliche Verantwortung zu signalisieren. Auch für Firmen mit einem prestigeträchtigen Image, zum Beispiel Luxus-Marken, gehört es nach den Worten von Sascha Alavi, Professor am Sales and Marketing Department der Ruhr-Universität Bochum, "zum guten Ton, sich in sozialen Projekten klar zu engagieren".

Ein solches Engagement muss sich aber nicht rentieren. Ganz im Gegenteil. Bei der Analyse umfangreicher Geschäftsdaten aus der Thomson-Reuters-Datenbank, die bekannte Luxus-Marken wie etwa Bulgari, Burberry Group und Dior umfasste, kommen die Bochumer Marketingwissenschaftler zu einem überraschenden Ergebnis: Soziale Projekte bescheren Luxus-Marken spürbare finanzielle Einbußen.

Grundsätzlich, so Sascha Alavi, lassen sich die sozialen Projekte von Unternehmen in drei Bereiche einteilen. Und zwar in umweltbezogene und philanthropisch orientierte sowie solche, die sich auf eigene Geschäftsbereiche beziehen. Bei den umweltbezogenen Projekten sei insbesondere "'Green-Luxury' zu nennen, wo es um nachhaltige Produkte geht", sagt Alavi. Als Vorreiterin für umweltbewusste Modeprodukte gilt beispielsweise Stella McCartney. "Ein weiteres Beispiel für Green Luxury wäre Chanel, die den Kampf gegen die Klimaerwärmung zu einem wesentlichen Ziel ihrer Unternehmensidentität erklärt haben."

Soziales Engagement bringt Luxusmarken wenig: Hier ein Prada-Shop in Madrid
Soziales Engagement bringt Luxusmarken wenig: Hier ein Prada-Shop in MadridBild: picture-alliance/imageBROKER/S. Kiefer

Kunden gehen auf Distanz

Als Beispiel für den philanthropischen Bereich, bei dem es allgemein um Hilfe für Menschen geht, nennt der Bochumer Marketingwissenschaftler Montblanc als gutes Beispiel für eine Luxus-Marke, "die schon seit vielen Jahren mit UNICEF zusammenarbeitet und Bildungsprogramme für Kinder intensiv unterstützt".

In die dritte Kategorie, bei der geschäftsbezogene soziale Projekte gefördert werden, fällt etwa Gucci mit der Ankündigung, in den Produktlinien komplett auf Pelze zu verzichten. Als weiteres Beispiel führt Sascha Alavi die Marke Burberry an, "die erklärt haben, dass unverkaufte Produkte nicht mehr zerstört, sondern gespendet werden."

Luxus-Marken lassen sich ihr Engagement einiges kosten. So spendete nach dieser Untersuchung beispielsweise Tiffany im Jahr 2016 rund acht Millionen Dollar, die Richemont-Gruppe im Jahr 2017 sogar 28 Millionen.  Das Engagement von Burberry belief sich im Zeitraum von 2012 bis 2017 auf immerhin 22 Millionen britische Pfund.

Mehr Engagement, weniger Umsatz

Zu den untersuchten Edel-Marken gehörten außerdem Hermes, Louis Vuitton sowie Premium-Autobauer wie Maserati und Mercedes. Summen, sagt Sascha Alavi, die man natürlich immer in Relation zum Budget der Unternehmen sehen müsse. Gleichwohl konnten die Bochumer Marketingwissenschaftler bei der Untersuchung der Umsatzdaten feststellen, "dass der Umsatz für die Luxus-Marken deutlich oder stärker sinkt, die sich mehr philanthropisch, sozial engagieren."

Unter dem Strich beläuft sich der ermittelte Umsatzrückgang auf jährlich 1,5 Prozent. Ergänzend dazu fragte das Team um Sascha Alavi in einer Studie die Kundenwahrnehmung ab. "Da sehen wir schon viel stärkere Effekte, wenn sich Luxus-Marken sozial falsch engagieren. Wir sehen dann, dass sich Kunden deutlich weniger loyal gegenüber dieser Marke verhalten und auch negativere Einstellungen gegenüber solchen Luxus-Marken entwickeln."

Auf Nachhaltigkeit zu setzen lohnt sich eher: Ein Hermés-Store in Hongkong
Auf Nachhaltigkeit zu setzen lohnt sich eher: Ein Hermés-Store in HongkongBild: picture-alliance/Zumapress

Besser in zufriedene Mitarbeiter investieren

Mit der Außendarstellung des sozialen Engagements von Luxus-Marken verbinden Kunden nach dieser Analyse oft keine aufrichtigen Motive, sondern eher egoistische Unternehmensinteressen. Das führe letzten Endes in der Wahrnehmung der Kunden dazu, "dass das soziale Engagement eigentlich nur verwendet werden soll als ein 'Green-Washing' zur Aufwertung des eigenen Images. Das hat dann ganz nachhaltige und problematische Folgen für ein Unternehmen."

Beim Vergleich der unterschiedlichen Arten des sozialen Engagements fanden die Bochumer Marketingwissenschaftler heraus: Statt bevorzugt auf externe philanthropische Projekte zu setzen, mit denen man werben will, sollten sich die Unternehmen auf ihr eigenes Personal fokussieren. Also den Blick auf die internen Stakeholder richten. "Das wären dann beispielsweise Maßnahmen für angemessene, faire Vergütung. Letzten Endes auch gesundheitsfördernde Programme für Mitarbeiter, Angebote zur Betreuung von Kindern der Mitarbeiter sowie Regelungen für das Home-Office."

Glaubhafte Kommunikation als Muss

Schließlich spiele gerade für Luxus-Marken der Faktor Mensch, also der Mitarbeiter im Verkauf und im Vermarktungsprozess eine ganz maßgebliche Rolle. Zufriedene Mitarbeiter, die sich aus Überzeugung mit dem Unternehmen identifizieren, resümiert Sascha Alavi, sorgen für Kundenbindung und somit für Produktakzeptanz. Das war vor Corona so und das werde auch nach Corona so bleiben.

Mit dieser Studie wolle man jedoch keinesfalls signalisieren, dass Luxus-Marken besser auf philanthropische Projekte wie die Unterstützung von SOS-Kinderdörfern verzichten sollten. Vielmehr, betont Marketingexperte Allavi, komme es für die Unternehmen auf eine differenzierte, glaubhafte Kommunikation an.

Wenn man etwa die Positionierung der Marke auf Nachhaltigkeit ausrichte, "dass man nachhaltige Rohmaterialien verwendet und diese Nachhaltigkeit auch in der Lieferkette sicherstellt, dann geht das Hand in Hand mit dem philanthropischen Engagement." Das werde von den Konsumenten akzeptiert. "Solange man sieht, dass das soziale Engagement ehrlich gemeint ist, klappt es." Genau darauf und auf erwiesene Nachhaltigkeit komme es für loyale Kunden an.  Dann ließen sich auch Umsatzeinbußen vermeiden.