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Luxus frisch auf den Tisch

Andreas Becker27. Januar 2003

Eins haben sich die Deutschen von den Franzosen mittlerweile abgeschaut: Den Genuss guten Essens. Der Import exklusiver Nahrungsmittel ist daher auch ein lukratives Geschäft. Ein Fall für Rungis Express.

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Austern für den GenießerBild: Illuscope

Georg Kastner, ein großer Bayer mit mächtigem Schnauzbart, hat Deutschland noch als kulinarisches Entwicklungsland erlebt. Bis weit in die 70er Jahre hinein, so Kastner, gab man sich hierzulande noch meist mit Sauerkraut und Eisbein zufrieden. Solch banausenhafte Essgewohnheiten seien allerdings nicht weiter schlimm, sagt er. Schließlich habe auch das Feinschmecker-Paradies Frankreich lange Jahre nur eine lausige Küche gehabt. Dies habe sich erst im 16. Jahrhundert geändert, als der spätere König Heinrich II. Katharina von Medici heiratete, und zwar nicht zuletzt wegen ihrer hervorragenden Küchenmannschaft.

Reich werden mit Genuss

Als weitgereister Hotelfachmann wusste Kastner bald, dass man anderswo besser speiste. 1979 schien ihm die Zeit reif, auch die Deutschen mit gutem Essen zu versorgen. Mit zwei Kollegen und einem LKW gründete er ein Unternehmen, das deutsche Restaurants mit frischen und exklusiven Lebensmitteln aus aller Welt belieferte. Und die gab es vor allem an einem Ort zu kaufen: dem Pariser Großmarkt im Vorort Rungis, einem der größten Lebensmittel-Märkte der Welt. Und weil Schnelligkeit bei verderblichen Waren wichtig ist, war der Name für das Unternehmen bald gefunden: Rungis Express.

Heute, fast 24 Jahre später, ist aus dem Drei-Mann-Betrieb in Meckenheim bei Bonn ein Unternehmen mit 500 Mitarbeitern geworden. Um gute Restaurants und Hotels mit Leckereien aller Art zu versorgen, sind ständig 120 Lieferwagen im Einsatz. Zwei Mal pro Woche trifft frische Ware aus Rungis ein. In den Kühlhallen herrscht große Betriebsamkeit, denn lange gelagert wird nichts: Waren, die an einem Tag hereinkommen, sind schon früh morgens am folgenden Tag unterwegs zum Käufer. Denn noch während die Ware ausgeladen wird, sitzt die Verkaufs-Mannschaft an den Telefonen und versucht bis spät in die Nacht, auch noch für die letzte Kiste einen Abnehmer zu finden. Je später die Kunden zuschlagen, desto größer ist ihre Chance auf ein Sonderangebot. Unterdessen bestellen die Einkäufer schon die nächsten Lieferungen.

Gute Zeiten, schlechte Zeiten

Rund 10.000 Produkte, von Austern und Trüffel über Rindfleisch und Geflügel bis zu Rohmilchkäse und Forellen-Eiern hat Kastner im Programm. 40 Prozent der Produkte stammen noch immer aus Frankreich, doch die Abhängigkeit vom Pariser Großmarkt Rungis ist im Laufe der Jahre kleiner geworden. Inzwischen kauft Kastner oft direkt bei den Erzeugern in aller Welt. Früher war dies nicht möglich. Der Grund: Rungis Express kauft inzwischen in großen Mengen.

Das Geschäft hat sich also gut entwickelt. Heute beliefert Rungis Express fast 5000 Restaurants und Hotels im In- und Ausland. Außerdem gibt es einen Lieferdienst für Privatkunden. Trotzdem merkt auch Kastner die Auswirkungen der Wirtschaftsflaute. Denn die Menschen sparten dort, wo man es nicht merkt und sieht: Und abends weniger zu essen oder einen Restaurantbesuch zu streichen, falle nicht auf.