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Luxemburg stimmt zu

10. Juli 2005

Luxemburg hat in einer Volksbefragung zur EU-Verfassung dem "Nein" der Franzosen und Niederländer ein deutliches "Jo" entgegengestellt. Premierminister Jean-Claude Juncker kann aufatmen.

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Landesmotto: "Wir wollen so bleiben, wie wir sind"Bild: AP


"Wenn Luxemburg mit Nein gestimmt hätte, dann hätte das den absolut finalen Genickschuss für den Verfassungsvertrag bedeutet", kommentierte Jean-Claude Juncker das Ergebnis mit drastischen Worten. Amtlichen Mitteilungen zufolge stimmten knapp 57 Prozent der Luxemburger in dem Referendum am 10. Juli mit "Ja". Die Teilnahme an dem Referendum war für die 223.000 wahlberechtigten Luxemburger Pflicht. Mit knapp 87 Prozent lag die Wahlbeteiligung leicht unter den gewohnten Werten des Großherzogtums.

Stadtbild von Luxemburg
LuxemburgBild: BilderBox

Nord-Süd-Gefälle auf kleinstem Raum

Ausschlaggebend für das Abstimmungsergebnis war unter anderem der größte Stimmbezirk, die Stadt Luxemburg. Dort gab es deutliche Zustimmung für die Verfassung. Der andere große Bezirk, Esch-sur-Alzette, stimmte dagegen mit Nein. Insgesamt hat Luxemburg 118 Stimmbezirke - die der Verfassungsgegner liegen mehrheitlich an der französischen Grenze, dort, wo auch die Stahlindustrie angesiedelt ist. Obwohl Luxemburg - gemessen am Pro-Kopf-Einkommen - das reichste EU-Land ist, haben viele Menschen Angst um ihren Arbeitsplatz.

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Die Arbeitslosigkeit hat sich in den vergangenen zwei Jahren auf knapp fünf Prozent verdoppelt. Auch wenn diese Zahl im europäischen Vergleich sehr niedrig ist, bekommen die Luxemburger dennoch auch die Nachteile der Union zu spüren. Kritiker der Verfassung fürchten vor allem eine Aushöhlung sozialer Errungenschaften durch eine zunehmende Liberalisierung öffentlicher Unternehmen und billige Konkurrenz aus anderen EU-Staaten.

Junckers persönliche Abstimmung

Jean Claude Juncker EU Parlament
Jean-Claude JunckerBild: AP

Nach der Ablehnung der Verfassung in Frankreich und den Niederlanden hatte die Ablehnung auch in Luxemburg stetig zugenommen. Fast täglich kämpften Politiker aller großen Parteien für eine Zustimmung. Premierminister Jean-Claude Juncker hatte seinen Verbleib im Amt von einer Zustimmung abhängig gemacht. "Wenn man verliert, muss man gehen, weil dem Volk nicht sagen kann, dass es gehen soll", bekräftigte er bei der Abgabe seiner Stimme.

Europa - Welt - Glaskugel
Wohin geht die Reise?Bild: European Community

Bis zuletzt hatte Juncker für die Annahme des Vertrages geworben und seinen Landsleuten dabei eine historische Verantwortung für Europa zugewiesen. Dass seine Bürger ihn offenbar erhört haben, ist auch ein persönlicher Erfolg für Juncker. Juncker, derzeit dienstältester EU-Regierungschef, wird von seinen Bewunderern mit den Gründervätern der europäischen Einigung wie Robert Schuman oder Konrad Adenauer verglichen.

Andere sagten Referenden ab

Der Große Graben
Bücher über die EU-Verfassung sind in Frankreich LadenhüterBild: AP

Nach dem Nein der Franzosen und Niederländer entschieden die EU-Staats- und Regierungschefs Mitte Juni, die Frist zur Ratifizierung zu verlängern und eine "Phase des Nachdenkens" darüber einzuläuten, wie die Verfassung gerettet werden könnte. Nach Großbritannien sagten daraufhin auch Tschechien, Dänemark, Irland, Polen und Portugal ihre geplanten Referenden ab. Schweden und Finnland verschoben die Ratifizierung im Parlament auf unbestimmte Zeit. Luxemburg hatte trotz der Denkpause an seinem Referendum festgehalten.

13 von 25 haben zugestimmt

Festung in La Valletta Malta
Valletta, die Hauptstadt von MaltaBild: AP

Mit Luxemburg haben nun 13 EU-Staaten die Verfassung angenommen und zwei sie abgelehnt. Zuletzt hatte am 6. Juli 2005 Malta als zwölfter EU-Staat die Verfassung im Parlament ratifiziert. Endgültig ratifiziert ist die Verfassung bereits in Litauen, Ungarn, Slowenien, Italien, Griechenland, der Slowakei, Österreich, Lettland und Zypern durch die jeweiligen Parlamente.

EU Verfassung in der Sackgasse, Symbolbild
Ein Sackgassenschild steht vor der wehenden EU-Flagge vor dem Reichstagsgebäude in Berlin (26.05.2005).Bild: dpa

In Spanien stimmten sowohl die Bevölkerung als auch beide Parlamentskammern für den Text. In Deutschland stimmten Bundestag und Bundesrat zu; Bundespräsident Horst Köhler wartet aber vor einer Unterschrift noch auf den Ausgang einer Verfassungsklage. Um in Kraft zu treten, muss der Vertrag allerdings von allen 25 EU-Staaten entweder von den Parlamenten oder in Referenden ratifiziert werden. (arn)