1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Ludwig Wittgenstein: Der Meister der Sprachspiele

26. September 2001

Vor 50 Jahren starb der Vorreiter der modernen Sprachphilosophie.

https://p.dw.com/p/16Ur

Er war Dorfschullehrer, Architekt und Offizier. Er wirkte acht Jahre lang als Professor der Philosophie an der Universität von Cambridge. Entgegen der Etikette an der englischen Elite-Institution trug er niemals Hut, Krawatte oder Anzug. Mit offenem Hemd, Wollpullover oder Lederjacke hielt er seine Vorlesungen: Ludwig Wittgenstein. Vor 50 Jahren starb der Vorreiter der modernen Sprachphilosophie.

Ludwig Josef Johann Wittgenstein wurde am 26. April 1889 in Wien als Sohn einer reichen Industriellen-Familie geboren. Er studierte von 1906 bis 1908 Ingenieurwissenschaft in Berlin und anschließend bis 1912 in Manchester. Hier wurde er mit Bertrand Russells Schriften über die Grundlagen der Mathematik bekannt, die ihn so sehr beeindruckten, dass er 1912 sein Ingenieurs-Studium aufgab, um in Cambridge unter Russells Anleitung Mathematik und Logik zu studieren.

Unter dem Einfluss von Friedrich Ludwig Gottlob Frege begann Wittgenstein eine umfassende Theorie über die Grundlage der Logik und die Wirkungsarten der Sprache zu entwickeln. Dieses Projekt verfolgte er mit großem Eifer während eines Aufenthaltes 1913-14 in Norwegen und während der Kriegsjahre, in denen er sich freiwillig als Artillerist an die Ostfront meldete. Ergebnis dieser Studien ist der "Tractatus Logico-Philosophicus", der 1921 auf deutsch in den "Annalen der Naturphilosophie" und 1922 auf englisch erschien. Mit dem Verfassen dieses Werks hielt Wittgenstein seine philosophische Aufgabe für beendet.

Nach der Entlassung aus italienischer Kriegsgefangenschaft ließ er sich deshalb als Volksschullehrer ausbilden, um 1920 in einem kleinen österreichischen Dorf zu unterrichten. Hier arbeitete er bis 1926 und ließ sich danach in Wien nieder. In den folgenden Jahren nahm Wittgenstein Kontakte mit Moritz Schlick und dem einflussreichen "Wiener Kreis" auf, wo der "Tractatus" mit größtem Interesse studiert wurde. 1929 kehrte Wittgenstein nach Cambridge zurück, um dort seine philosophische Arbeit fortzusetzen.

Seine Vorlesungen und Notizen aus den Jahren 1930-36 zeigen die Entwicklung neuer Gedanken, die er ab 1936 zu den "Philosophischen Untersuchungen" zusammenstellte. 1939 erhielt Wittgenstein eine Professur in Cambridge und beschäftigte sich vor allem mit Problemen der Bedeutungsanalyse und wurde dadurch zu einem der Begründer der sprachanalytischen Philosophie.

Da die natürliche Sprache eine Reihe von Unzulänglichkeiten besitzt, wie beispielsweise die Mehrdeutigkeit der Wörter, entwickelte er die Idee der Schaffung einer künstlichen logisch vollkommenen Sprache, die aus Symbolen geschaffen wird, wie sie in der Logik üblich sind. Von der Möglichkeit, eine logisch perfekte Sprache zu schaffen, eine Zeichensprache, die einer logischen Grammatik gehorcht, sagte sich Wittgenstein jedoch später wieder los.

Während der Kriegsjahre 1941-44 arbeitete Wittgenstein als Hilfskraft in Krankenhäusern in London und Newcastle. 1944 nahm er seine Vorlesungen in Cambridge wieder auf, entwickelte jedoch so großen Widerwillen gegen die Lehrtätigkeit und das akademische Leben, dass er 1947 seinen Abschied einreichte, um fortan in ländlicher Abgeschiedenheit in Irland zu leben und zu arbeiten. Seine Arbeitsfähigkeit litt jedoch unter einer 1950 festgestellten, weit fortgeschrittenen Krebserkrankung.

Am 29. April 1951 starb Ludwig Wittgenstein in Cambridge.