1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Laute Fußballfans sorgen für Heimvorteil

14. April 2010
https://p.dw.com/p/MwBp
Beim Zweitligaspiel Mainz gegen St. Pauli (23.11.2008) hält Schiedsrichter Thomas Metzen gleichzeitig zwei gelbe Karten hoch (Foto: dpa)
Na, hier waren die Fans wohl besonders laut. Gleich zweimal Gelb vom SchiedsrichterBild: picture-alliance/dpa

Im Fußball sprechen Reporter, Spieler und Trainer immer wieder vom Heimvorteil. Das laute Anfeuern durch die zahlenmäßig überlegenen Heimfans soll für die gastgebende Mannschaft ein Vorteil sein. Aber was steckt dahinter? Gibt es den Heimvorteil wirklich? Christian Unkelbach von der Universität Heidelberg und Daniel Memmert von der Deutschen Sporthochschule Köln haben die Zusammenhänge vor dem Hintergrund der These untersucht, dass sich der Zuschauerlärm vor allem auf die Schiedsrichterentscheidungen auswirkt und so einen Vorteil für die Heimmannschaft bewirkt.

Bei 1.530 Spielen der ersten Bundesliga analysierten die Sportwissenschaftler den Heimvorteil, gemessen an der Tordifferenz, im Hinblick auf den Zusammenhang zwischen Publikumslärm und Schiedsrichterentscheidung. Als Maßeinheit für diesen Zusammenhang nahmen sie die Anzahl der gelben Karten für Heim- und Auswärtsmannschaft. Bei der Betrachtung der Lautstärke des Publikums zogen sie die prozentuale Ausnutzung der Zuschauerkapazität und die Bauweise des Stadions in Betracht. Die Auswertung der Daten ergab einen klaren Zusammenhang zwischen Zuschauerlärm und der Anzahl der gelben Karten, allerdings nur bei den Karten, die gegen das Auswärtsteam gezogen wurden. Gut gefüllte Fußballstadien führen demnach zu mehr gelben Karten gegen die Auswärtsmannschaft - vor allem in reinen Fußballstadien, also Arenen, in denen das Spielfeld nicht durch eine Laufbahn von der Tribüne getrennt ist.

Lärm lässt Schiedsrichter nicht kalt

Doch hat der Zuschauerlärm tatsächlich einen direkten Einfluss auf die Schiedsrichterentscheidungen? In einer Studie mit 20 Schiedsrichtern des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) präsentierte das Wissenschaftlerteam den Probanden per Video 56 Foul-Szenen, von denen die Hälfte in der Realität zu einer gelben Karten geführt hatte. Die Szenen wurden mit lauter und weniger lauter Zuschauergeräuschkulisse unterlegt. Jeder Schiedsrichter wurde aufgefordert, seine Entscheidung, wie im realen Spiel, unmittelbar zu treffen. Unkelbach und Memmert fanden heraus, dass Schiedsrichter bei hohem Lärmpegel signifikant häufiger eine gelbe Karte zeigen, als in der identischen Situation ohne Lärm. Daher liegt die Vermutung nahe, dass Schiedsrichter den Lärm des Publikums unbewusst als Hinweis für die Schwere eines Fouls nutzen. Zuschauerlärm beeinflusst also über die Schiedsrichterentscheidungen das Spiel und führt dadurch zum Heimvorteil.

Köln fällt aus dem Raster

Dass man sich allerdings nicht unbeschränkt auf den Heim-Effekt verlassen kann, zeigt indes das Beispiel des 1.FC Köln in dieser Saison. Trotz ihres engen und mit durchschnittlich 48.120 Zuschauern stets gut gefüllten Stadions, haben die Kölner nach 15 von 17 Heimspielen erst zwei Siege, bei fünf Unentschieden und sogar acht Niederlagen auf dem Konto. Das Torverhältnis beträgt 14:27. Bei den gelben Karten bestätigt sich der Heimvorteil ebenfalls nicht. Hier liegen die Kölner mit 34:24 deutlich in Front.

Autor: Andreas Ziemons (mit idw)
Redaktion: Judith Hartl