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"Ladies like it ladylike"

Das Gespräch führte Oliver Samson2. Oktober 2004

Wie viele Frauen kennen Sie, die mehr als 50 CDs besitzen? Eben. Warum Frauen weniger Musik kaufen, erklärt Diana Jaffé. Sie ist Gender-Marketing-Expertin.

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Auf der Suche nach Relevanz?Bild: Bilderbox

"Ladies like it ladylike" - Gender-Marketing-Expertin Diana Jaffé schreibt gerade ein Buch über das weibliche Kaufverhalten im Bereich Pop. Sie glaubt, dass ein Ausweg aus der Krise der Musikindustrie die Hinwendung zum Markt der gut verdienenden Frauen jenseits der 30 sein könnte. Mit einem Vortrag auf der Musikmesse Popkomm erklärt Sie dies dem Fachpublikum - und DW-WORLD.

DW-WORLD: Frau Jaffé, Frauen kaufen weniger Musik als Männer - warum?

Jaffé: Es gibt für sie keinen Grund mehr Musik zu kaufen. Für Frauen ab 30 spielt Musik einfach eine geringere Rolle als im jüngeren Alter. Musik zum nebenbei dudeln gibt es im Auto und im Küchenradio. Musik, die man nicht mag eventuell noch aus dem Kinderzimmer. Musik als Thema begegnet ihnen im Alltag aber kaum noch und ist dadurch wenig im Gespräch. Sie verliert damit die wichtige Funktion, eine Beziehung zwischen Menschen herzustellen. Die Musik, die angeboten wird, hat offensichtlich für berufstätige, gebildete Frauen mit Kindern einfach keine Relevanz - es gibt da außerhalb des Herz-Schmerz-Bereiches nichts.

BLUESTONE AG Diana Jaffe Porträtfoto
Diana JaffeBild: presse

Wie könnte denn Musik für diese Gruppe wieder Relevanz gewinnen?

Beispielsweise wenn Künstler im entsprechenden Alter Themen behandeln, die mit dem Leben von Frauen besser zusammenpassen. Als positives Beispiel kann hier Anastasia gelten: Sie hat nicht nur den Umsatz der Brillen-Industrie angekurbelt, sondern auch ein Thema wie Brustkrebs gesellschaftlich in die Diskussion gebracht. Da gibt es noch Madonna, die ein Stück über 40 ist und Musik macht - ansonsten ist da wenig. Junge Mädels sind natürlich eine wichtige Zielgruppe mit den Boy-Groups oder "Deutschland sucht den Superstar" mit seinen Derivaten. Diese Generation definiert sich über Stücke und Interpreten. Im Leben der Teens und Twens stellt Musik als Orientierung einen ganz wichtigen Bestandteil dar. Wenn das Leben sich aber zu setzen beginnt, hört das auf. Partnersuche und Ausgehen ist nicht mehr ganz so wichtig und man braucht das Gesprächsthema Musik weniger, um Kontakte zu knüpfen oder zu festigen.

Das trifft doch aber auch auf den männlichen Konsumenten zu...

Natürlich nimmt die Bedeutung von Musik ab - doch Männer neigen weit mehr als Frauen dazu, sich Musik als Statussymbol anzuschaffen.

Warum?

Sie können zum einen mit Technik spielen: Wenn Männer von den Vorzügen ihrer Stereoanlagen schwärmen, können Frauen das sehr häufig nicht wirklich nachvollziehen. Zur Musik gehören eben die technischen Anlagen dazu, die dem Geschmack von Männer weit näher kommen als dem der Frauen - und dazu kommt dann eben noch die Größe der Plattensammlung als Wert an sich. Besitz als solcher hat ja schon mit Status zu tun. Da könnte man jetzt einen schönen Exkurs zu Erich Fromms "Haben oder sein" machen. Dort ist die Bedeutung von Besitz für Männer noch immer gültig erklärt. Ich glaube, es reicht hier zu sagen, dass der natürlich einen stark sexuellen Charakter hat.

Wenn nicht über Status - wie kann man Frauen für Musik gewinnen?

Man muss sich die Lebenswelt der Frauen anschauen und da gibt es ja Studien. Die Frauen, von denen wir reden, haben eine ganz anderen Stress-Level, sind beruflich, familiär und sozial ganz anders eingespannt als Männer. Das Kaufangebot ist alles andere als optimal. Es braucht schon große Relevanz einer Platte, um an einen bestimmten Ort loszufahren, wo diese erhältlich ist, sie dort mühsam zu suchen und dann noch mehr als 17 Euro dafür zu bezahlen.

Was sind die Kriterien, die zu einer Kauf-Relevanz führen?

Wenn wir zum Beispiel wissen, dass 90 Prozent aller Frauen eine geringe Technikaffinität haben, muss man natürlich für eine einfachere Bedienbarkeit von Abspielgeräten sorgen. Wenn eine Stereoanlage schwer zu bedienen und auch noch hässlich ist, kann man die schon schwer an Frauen verkaufen - und wenn die Anlage nicht gefällt, werden wahrscheinlich Frauen auch nicht viele CDs kaufen.

Was raten Sie der Industrie? Mehr Frauen in Entscheidungspositionen bringen?

Das würde Sinn machen - wenn diese Frauen dann auch auf Frauen hören. Volvo hat zum Beispiel auf dem Genfer Automobilsalon einen Auto-Prototypen vorgestellt, der komplett von Frauen entwickelt wurde. Der erste Schritt in der Entwicklung war, erstmal alle bei Volvo angestellten Frauen zu fragen, was sie von einem Auto wollen. Das wäre in der Musik auch ein wichtiger erster Schritt: Frauen fragen was Frauen wollen.

Sind Sie von der Musikindustrie schon gefragt worden?

Meine Auftreten auf der Popkomm ist sicher ein Anfang. Das Thema Gender-Marketing steht ja generell in Deutschland noch am Anfang. Aber ich gehe davon aus, dass langsam verstanden wird, dass riesige Märkte brach liegen. Es ist ja jetzt historisch erstmals überhaupt so, dass wir eine große Zahl von sehr gut ausgebildeten Frauen mit Geld am Heranwachsen haben. In manchen Branchen ist jetzt bei den 30-35jährigen endlich eine Gehaltsparität erreicht. Wir haben aber in der Tat das Problem, dass wir es in den Unternehmen noch zum Großteil mit männlichen Entscheidern zu tun haben. Die können die Dynamik des weiblichen Marktes gar nicht sehen. Das muss nun eben in die Köpfe der Musikmanager: Frauen haben eigenes Geld und das können sie auch für CDs ausgeben - wenn diese so präsentiert werden, dass es Frauen gefällt.