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Körber-Preis 2016

Gudrun Heise7. September 2016

Erbkrankheiten wie Mukoviszidose heilen oder Menschen von einem Gendefekt befreien? Der diesjährige Körber-Preisträger Hans Clevers arbeitet intensiv daran - mit Erfolg.

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Organoid Miniatur-Gehirn aus dem Labor
Selbst Miniatur-Gehirne können im Labor gezüchtet werdenBild: picture-alliance/dpa/Imba/Madeline A. Lancaster

Vor allem der Dünndarm hat es Hans Clevers angetan. An diesem Organ hat er adulte - also erwachsene - Stammzellen erforscht. Diese Stammzellen können zeitlebens Defekte im Körper reparieren.

Schon 2009 hatte Clevers es zusammen mit seinem Postdoktoranten Toshiro Sato geschafft, aus einer einzelnen Darm-Stammzelle ein sogenanntes Organoid herzustellen. Dabei handelt es sich um Stammzellen, die durch Reprogrammierung von Körperzellen entstehen. Eine Nährlösung regt die Stammzellen an, sich zu einer dreidimensionalen Organstruktur weiterzuentwickeln. Diese Organoide sind in der Lage, verschiedene Funktionen zu erfüllen. Es sind gewissermaßen rudimentäre Organe im Miniformat.

Das Darm-Organoid überlebte damals etliche Monate in einer Petrischale. Diese Entdeckung gilt als ein Durchbruch in der Stammzellenforschung. Für seine Arbeiten erhält Clevers jetzt den mit 750.000 Euro dotierten Körber-Preis.

Preisträger Hans Clevers (Foto: Körber-Stiftung).
Die Fördermittel des Preises will Clevers nutzen, um erste Schritte in Richtung Gentherapie zu unternehmenBild: Körber-Stiftung

Ein Schritt Richtung Hoffnung

Mini-Organe, die beispielsweise aus Tumorgewebe erzeugt werden, sind schon heute ein wichtiges Instrument in der Forschung. So können etwa Medikamente getestet werden. "Statt einen Darmkrebs-Patienten mit einer unspezifischen Chemotherapie zu traktieren, können wir ihm ein Mittel verabreichen, auf das seine im Labor getesteten Tumor-Organoide besonders gut angesprochen haben", so Clevers gegenüber der Körber-Stiftung.

2013 hatte der niederländische Preisträger Darm-Stammzellen von Patienten, die an der Erbkrankheit Mukoviszidose leiden, von dem Gendefekt befreien können. Dazu nutzte der Niederländer ein neues Verfahren in der Gentechnik, CRSPR/Cas9 - eine Art Genschere, mit der Erbmaterial gezielt verändert werden kann.

Forschung am Mini-Darm

Einer weiterer seiner Forschungserfolge: Clevers entdeckte einen Rezeptor, Lgr5, der bei Stammzellen vorkommt, die er aus dem Darmgewebe isolieren konnte. Der Rezeptor kommt auch bei Stammzellen anderer Organe vor, etwa Leber, Magen, Bauchspeicheldrüse, Nieren und Prostata. Die Organoide können beispielsweise Medikamente und Nährstoffe aufnehmen und auch Signale in der Darmzelle weitergeben, die bestimmte Prozesse steuern. Forscher können mit diesen Mini-Modellen über mehrere Monate arbeiten und verschiedene Tests durchführen, denn die Mini-Därme beispielsweise können problemlos im Labor vermehrt werden. In Laboren weltweit werden mittlerweile Mini-Organa gezüchtete. Dazu gehören neben winzigen Mägen auch Nieren und Mini-Lebern.

Ein renommierter Preis

Verliehen wird der Körber-Preis in diesem Jahr zum 30. Mal. Er geht an Forscher, die in Europa leben und arbeiten. Dotiert ist er mit 750.000 Euro. Die sollen für die weitere wissenschaftliche Arbeit verwendet werden. "Es zeichnet den Preis aus, dass er nicht nur einen bereits erreichten Durchbruch prämiert", erklärt Matthias Mayer von der Körber-Stiftung. "Er stellt auch Preisträger in den Mittelpunkt, die den Zenit ihrer wissenschaftlichen Laufbahn noch gar nicht überschritten haben, sondern von denen noch so einiges zu erwarten ist."

Das trifft auf Hans Clevers eindeutig zu. Seine Forschungsarbeit ist nicht nur ein großer Schritt in der Stammzellenforschung, sondern auch ein großer Schritt Richtung Therapie von Erbkrankheiten. Etliche Preise hat der 59-Jährige bereits erhalten, vielleicht kommt in diesem Jahr noch ein weiterer hinzu.