Musikalische Befreiung
17. Mai 2009Der Kwaito gilt als Weltmusik und schallt auf Zulu, Xhosa, Pedi oder Englisch aus den Boxen. Mit seinen Rap-Einlagen gilt Kwaito oft auch als Antwort Südafrikas auf den HipHop der Vereinigten Staaten. Das sei Kwaito aber auf keinen Fall, sondern er sei viel mehr als das, sagt Wolfgang Bender. Er ist Ethnologe und Leiter des "Center of World Music" in Hildesheim und Experte für die Musik Südafrikas.
Neue Freiheit
Kwaito ist entstanden, als die Rassentrennung in Südafrika aufgehoben wurde – also vor 15 Jahren. "Die neue Freiheit Afrikas hat damals auch für die Musikindustrie eine radikale Veränderung bedeutet", sagt Bender. Unter der Apartheid sei die gesamte Musikindustrie absolut zensiert gewesen. "Jedes Lied ging durch eine staatliche Zensurbehörde und im Rundfunk wurden Platten zerkratzt." Von diesen äußeren Zwängen befreit, konnten die jungen Musiker endlich das produzieren, was sie wollten: Kwaito – so wie die Gruppe Bongo Maffin.
Kwaito ist die Musik und das Sprachrohr der jungen südafrikanischen Generation. Die Texte sind weit weniger politisch als noch zu Apartheidszeiten – doch so unpolitisch, wie oft behautet wird, sind sie nicht. Das zeigt beispielsweise ein Song des Kwaito-Sängers Arthur. "Don’t call me Kaffir", singt er. "Nenn mich nicht Nigger!" Diese Bitte beschreibt ein Problem, mit dem die afrikanische Jugend auch heute noch zu kämpfen hat: Die Rassentrennung ist noch immer nicht vollständig aus den Köpfen verschwunden – 15 Jahre nach dem offiziellen Ende der Apartheid!
Eindeutige Botschaft
Das radikalste Beispiel ist in Wolfgang Benders Augen ein Stück von Boom Shaka. Er nahm die Melodie von "Nkosi sikelel’i Afrika" – auf deutsch "Gott segne Afrika" - als Grundlage für eine neue Kwaito-Variante. "Nkosi sikelel'i Afrika" war die Hymne der Anti-Apartheidsbewegung und ist heute die Nationalhymne Südafrikas. Sie wurde vom Rapper zerlegt und neu produziert. Er habe damit auf gewisse Weise ein Ende der traditionellen Verbundenheit zum ANC ausdrücken wollen, so Bender.
Wenn "Nkosi sikelel'i Afrika" früher gespielt wurde, standen alle auf und erhoben die geballte Faust – ein Zeichen des Widerstandes. Zu der populären Kwaito-Variante tanzen die Südafrikaner heute. Das setze ein klares Zeichen, sagt Bender. Damit ist Kwaito heute der ganz eigene Ruf der Jugend nach Freiheit und Unabhängigkeit in der Regenbogen-Nation.
Autorin: Anne-Katrin Neuberg
Redaktion: Christine Harjes