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Kundus-Ausschuss erstmals öffentlich

18. März 2010

Generalinspekteur Schneiderhan steht dem Kundus-Untersuchungsausschuss Rede und Antwort. Vorab hatte Schneiderhan angekündigt, mit Informationen nicht hinter dem Berg halten zu wollen. Das Medieninteresse ist gewaltig.

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Bundesverteidigungsminister Guttenberg (mitte) verabschiedet in Berlin Generalinspekteur Schneiderhan (links) und Staatssekretär Wichert (rechts) mit einem Großen Zapfenstreich in den vorzeitigen Ruhestand (Foto: dpa)
Hauptakteure im Ausschuss: Schneiderhan, Guttenberg und Wichert, hier beim Zapfenstreich im Jahr 2009Bild: picture-alliance/dpa

Bisher tagte der Kundus-Untersuchungsausschuss streng abgeschirmt von der Öffentlichkeit in einem abhörsicheren Raum auf der Präsidialebene des Reichstagsgebäudes. An diesem Donnerstag (18.03.2010) sind nicht nur die 31 Ausschussmitglieder anwesend, sondern es gibt auch ein riesiges Medienaufgebot. Denn das Gremium hat sich darauf verständigt, dass alle politischen Top-Akteure öffentlich vernommen werden.

Heikle Untersuchungsphase

Wolfgang Schneiderhan (Foto: AP)
Wolfgang SchneiderhanBild: AP

Zwei der wichtigsten Zeugen sagen aus: der frühere Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan und der ehemalige Verteidigungsstaatssekretär Peter Wichert. Beide waren im November von Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg aus ihren Ämtern gedrängt worden, weil dieser sich unzureichend über die verheerenden Bombardements von Kundus informiert fühlte.

Mit den Aussagen der beiden ehemaligen Spitzenleute im Verteidigungsministerium beginnt die politisch heikle Phase im Bundestags-Untersuchungsausschuss. Der Kundus-Ausschuss untersucht die militärischen Abläufe und politischen Reaktionen auf den von einem Bundeswehroberst befohlenen Angriff auf zwei Tanklaster nahe Kundus im Norden Afghanistans. Dabei waren am 4. September 2009 bis zu 142 Menschen getötet oder verletzt worden.

Revision der Aussage

Peter Wichert (Archivfoto)
Peter WichertBild: picture-alliance/dpa

Im Zentrum wird die Frage stehen, ob Schneiderhan und Wichert tatsächlich mit dafür verantwortlich waren, dass ihr Minister den Angriff zunächst falsch eingeschätzt hat. Guttenberg hatte am 6. November - eine Woche nach seinem Amtsantritt - auf der Grundlage eines Berichts der internationalen Schutztruppe ISAF zunächst gesagt, der Angriff auf die Tanklaster sei "militärisch angemessen" gewesen. Wenige Tage später revidierte der Minister diese Aussage - weil ihm Informationen "vorenthalten" worden seien.

Später sprach er sogar von "unterschlagenen Dokumenten". Damit meinte er vor allem einen Feldjägerbericht der Bundeswehr, von dem er erst aus der Zeitung erfahren haben will. Der ehemalige Generalinspekteur führt zu seiner Entlastung an, dass der Bericht in dem ISAF-Report schon berücksichtigt war.

Der Ex-Generalinspekteur wehrt sich

Vor allem Schneiderhan will die Vorwürfe nicht auf sich sitzen lassen. Beim Großen Zapfenstreich zu seiner Verabschiedung kündigte er bereits an, dass er mit seiner Version von den Vorgängen nicht hinter dem Berg halten werde. Vor allem verwahrte er sich dagegen, dass er Informationen vorsätzlich zurückgehalten habe. "Das finde ich inzwischen ehrenrührig", sagte er kurz nach seiner Verabschiedung in einem "Zeit"-Interview. "Unterschlagen hat für mich den Geschmack des Vorsatzes, und es gab keinen Vorsatz."

Keine Erkenntnisse über Vorenthaltungen

Der verteidigungspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Rainer Arnold, vor Mikrofonen (Foto: dpa)
Der verteidigungspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion Rainer ArnoldBild: picture alliance / dpa

Schützenhilfe bekommt Schneiderhan dabei vom SPD-Obmann im Verteidigungsausschuss, Rainer Arnold. Einem ARD-Bericht zufolge sagte er, in den fehlenden Akten finde sich nichts, was nicht auch im ISAF-Bericht zu dem Bombardement stehe, den Guttenberg gehabt habe. Der Begriff "vorenthalten" schließe einen Vorsatz ein. "Ein bewusstes, strategisches Vorenthalten, das ist ein hartes Wort. Dagegen wird sich sicherlich sowohl der Staatssekretär, der entlassen wurde, als auch der Generalinspekteur zu wehren haben. Das würde ja bedeuten, sie haben ihn ausgetrickst. Und dafür gibt es nun überhaupt keine Erkenntnisse."

Inzwischen hat Guttenberg versucht, die Differenzen mit seinem ehemaligen Generalinspekteur etwas zu entschärfen. Gut eine Woche vor der Aussage Schneiderhans sagte er in einem Interview, er habe nie behauptet, dass ihm Unterlagen "vorsätzlich oder böswillig" vorenthalten worden seien. Der heutigen Vernehmung sehe er respektvoll, aber auch mit der nötigen Gelassenheit entgegen.

Ende offen

Für die Vernehmung Schneiderhans und Wicherts hat sich der Ausschuss keine Zeitbegrenzung gesetzt. Die Sitzung wird voraussichtlich bis tief in die Nacht dauern. Als nächster Zeuge ist Guttenbergs Vorgänger Franz Josef Jung geladen, der wegen der Kundus-Affäre nach der Bundestagswahl seinen neuen Posten als Arbeitsminister räumen musste. Guttenberg soll am 22. April oder 6. Mai aussagen.

Autorin: Pia Gram (dpa, rtr, afp)
Redaktion: Martin Schrader