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Kroatiens Geheimdienstchef ausgeliefert

Siniša Bogdanić/Zoran Arbutina18. April 2014

Zdravko Mustač, früherer Chef des jugoslawischen Geheimdienstes UDBA, ist an die deutsche Justiz ausgeliefert worden. Er wird des Mordes an einem kroatischen Dissidenten vor 30 Jahren in Deutschland beschuldigt.

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Der frühere Geheimdienschef Zdravko Mustač wird an Deutschland ausgeliefert (Foto: Igor Kralj/PIXSELL)
Der frühere Geheimdienschef Zdravko Mustač wird an Deutschland ausgeliefertBild: picture-alliance/Pixsell

Nun ist das lange Tauziehen um die Auslieferung zweier hoher Ex-Offiziere des jugoslawischen Geheimdienstes UDBA von Kroatien nach Deutschland beendet: Nachdem schon in Januar Josip Perković den deutschen Justizbehörden übergeben wurde, folgte ihm nun drei Monate später (am 17.04.) auch sein früherer Vorgesetzter Zdravko Mustač. Beide haben vor dem Zerfall Jugoslawiens führende Funktionen beim damaligen Staatssicherheitsdienst bekleidet und waren nach der Unabhängigkeitserklärung Kroatiens 1990 maßgeblich an der Gründung und Gestaltung des neuen kroatischen Geheimdienstes beteiligt. Und beide waren enge Vertraute des ersten kroatischen Präsidenten Franjo Tudjman.

Das waren möglicherweise einige der Gründe, warum Kroatien sich jahrelang weigerte, die beiden an Deutschland auszuliefern, obwohl die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe das schon seit 2009 verlangt. Sie wirft den früheren Geheimdienstlern eine Mittäterschaft bei der Ermordung von Stjepan Dureković 1983 im bayerischen Wolfratshausen vor, eines kroatischen Dissidenten und früheren Managers eines großen Erdöl-Unternehmens. Eine der Theorien über die möglichen Motive für die Ermordung lautet, Dureković wisse zu viel über die Korruption in den Reihen der damaligen jugoslawischen Führung.

Schon in Januar ist Josip Perković den deutschen Justizbehöden übergeben worden (Foto: EPA/ANTONIO BAT)
Schon im Januar 2014 wurde Josip Perković den deutschen Justizbehöden übergebenBild: picture-alliance/dpa

Auslieferung erst nach Druck

Verschiedene kroatische Regierungen lehnten eine Auslieferung der beiden nach Deutschland ab, und auch nachdem Kroatien im Juli 2013 Mitglied der Europäischen Union wurde, weigerte sich Zagreb, die zuvor unterschriebene Vereinbarung zum europäischen Haftbefehl umzusetzen. Nur drei Tage vor dem EU-Beitritt des Landes wurde im Parlament ein Gesetz verabschiedet, wonach in Kroatien der Europäische Haftbefehl nur für Taten nach 2002 gelten sollte. So wollte man die Auslieferung von Perković und Mustač verhindern.

In Brüssel rief das ungläubiges Staunen hervor und veranlasste die Europäische Kommission im Herbst vergangenen Jahres den Druck auf Kroatien zu erhöhen. Es wurde indirekt sogar mit Sanktionen gedroht, falls die kroatische Regierung nicht einlenke. Viel Kritik musste sich die kroatische Regierung auch von der ansonsten traditionell eher als dem Land wohl gesonnen geltenden deutschen Seite gefallen lassen. Schließlich gab der Oberste Gerichtshof in Zagreb nach: schon Ende Januar kam grünes Licht für die Auslieferung von Josip Perković, und nun auch für Zdravko Mustač.

Hoffnung für die Hinterbliebenen

Nach der Auslieferung der beiden Ex-Geheimdienstler, so hofft Gizela Dureković, Witwe des ermordeten Dissidenten, wird man vielleicht endlich erfahren können, was vor mehr als 30 Jahren wirklich passierte. "Wir wollen die Wahrheit erfahren. Wir wollen wissen, wer für den Mord verantwortlich ist, und wollen, dass er bestraft wird. Und zwar nicht nur derjenige, der geschossen hat, sondern auch diejenigen, die den Auftrag erteilt haben", sagt Siniša Pavlović, Rechtsanwalt der Familie. Es sei zwar ein Altfall, gibt Pavlović zu bedenken, aber auch nach drei Jahrzehnten könne man ihn noch abschließen, glaubt er: "Wenn irgendjemand das kann, ist das die deutsche Justiz."

Krunoslav Prates aus Kroatien im Gefängnis (Foto:Matic/DW Interview Videostill)
Krunoslav Prates wurde zu lebenslanger Haft verurteiltBild: DW

Dass sie das tatsächlich kann, zeigt ein Urteil aus dem Jahr 2008. Krunoslav Prates, auch ein früherer kroatischer Emigrant, wurde damals wegen der Beteiligung an der Ermordung von Dureković in München zu lebenslanger Haft verurteilt, die er zurzeit in Bayern verbüßt.

Alte Seilschaften und neue Verdienste

Warum sich verschiedene Regierungen Kroatiens jahrelang geweigert haben, Mustač und Perković an die deutschen Behörden auszuliefern, ist bis heute nicht klar. Es sind verschiedene Gerüchte im Umlauf, bestätigt der kroatische Journalist Ivica Dikić. Unumstritten sei aber, dass die beiden eine wichtige Rolle in den ersten Jahren der kroatischen Unabhängigkeit gespielt hätten, sagt Dikić. "Als Jugoslawien zerfiel, war Mustač Chef des jugoslawischen Geheimdienstes. Er hatte alle Informationen, hatte Macht und Einfluss, und er verfügte über zahlreiche Dokumente, die für viele in Kroatien damals sehr wichtig waren", mutmaßt der Journalist. Das gleiche gilt für Perković.

Außerdem seien die beiden nicht nur für die Gründung des neuen kroatischen Geheimdienstes wichtig gewesen, sondern auch bei der Bewaffnung Kroatiens am Anfang des Krieges, sagt Dikić. Damals gab es ein Embargo gegen die Waffenlieferungen an Kroatien, und es floss viel Geld in geheime Kanäle, um die Waffen auf dem Schwarzmarkt illegal zu beschaffen. "Mustač stand an der Spitze, er traf die Entscheidungen, und Perković war mit den operativen Aufgaben betraut."

Perkovic: "Mit Mord habe ich nichts zu tun"

Alles nur alte Geschichten?

Nun aber, da die beiden früheren Geheimdienstler doch an Deutschland ausgeliefert wurden, hoffen Viele in Kroatien, dass damit ein neues Kapitel in der Auseinandersetzung mit der neueren Geschichte Kroatiens endlich möglich sein wird. Im jüngsten EU-Land fand ein Prozess der Lustration, also eine Entfernung von politisch belasteten Mitarbeitern aus dem öffentlichen Dienst, bisher kaum statt. Anders als im Fall des vor drei Monaten ausgelieferten Josip Perković, zog die Auslieferung von Zdravko Mustač trotzdem keine große mediale Aufmerksamkeit nach sich – weder in Deutschland, noch in Kroatien: in der zentralen Nachrichtensendung Kroatiens lief die Information über die Auslieferung von Mustač erst in der 13 Minute.