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Kritik an US-Geheimgericht FISC

Spencer Kimball / glh14. Juli 2013

Der FISC entscheidet in den USA über Anfragen der Regierung, mutmaßliche Terroristen zu überwachen. Experten befürchten, dass die Institution Regierungsaktionen legitimiert, statt die Bürgerrechte zu schützen.

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E. Barrett Prettyman Gebäude Washington, Sitz des Foreign Intelligence Surveillance Court (Foto: picture-alliance/dpa)
E. Barrett Prettyman Gebäude Washington, Sitz des Foreign Intelligence Surveillance CourtBild: picture-alliance/dpa

Das Geheimgericht "Foreign Intelligence Surveillance Court" (FISC) soll die Bürger vor willkürlichen Aktionen der US-Geheimdienste schützen. Doch seine Unabhängigkeit wird nun angezweifelt, zahlreiche Anträge scheint das Gericht einfach durchzuwinken. Allein im Jahr 2012 stellte die Regierung 1856 Überwachungsanträge. Keinen einzigen lehnte das Gericht ab.

Hat die US-Regierung den Verdacht, jemand könnte ein ausländischer Spion oder Terrorist sein, dann muss sie die Erlaubnis des FISC einholen, um die Person überwachen zu lassen. Die Enthüllungen des ehemaligen NSA-Geheimdienstmitarbeiters Edward Snowden zeigen nun, dass trotzdem zahlreiche US-Bürger willkürlich überwacht werden.

Ein Beschluss des FISC zwang beispielsweise das Telekommunikationsunternehmen Verizon dazu, dem US-Geheimdienst NSA alle Telefondaten seiner Kunden offen zu legen. Diesen Beschluss übermittelte Snowden vor kurzem der britischen Tageszeitung "The Guardian" und sorgte somit weltweit für Aufsehen.

Porträt von Edward Snowden (Foto: The Guardian via Getty Images)
Weil er zahlreiche geheime Akten veröffentlichte, wird Edward Snowden nun von den USA verfolgtBild: The Guardian/Getty Images

Stephen Vladeck, Experte für nationale Sicherheit an der American University in Washington D.C., glaubt, dass der FISC heute viel Zeit damit verbringt, allgemeine Überwachungsprogramme der Regierung zu genehmigen: "Das Geheimgericht kann deswegen nicht mehr entscheiden, ob jetzt in einem bestimmten Fall Verdacht besteht oder nicht", sagt er.

Überwachung der Geheimdienste

Die Anfänge des heutigen FISC liegen in den 1970er Jahren. Damals berief der Senat einen Ausschuss ein, der illegale Spionageaktivitäten der US-Geheimdienste gegenüber US-Bürgern untersuchen sollte. Daraus ging dann später das heutige Geheimgericht hervor. So sollten die Rechte der Bürger gewahrt werden, ohne dass geheime Informationen an die Öffentlichkeit gelangten.

"Das Gericht sollte dafür sorgen, dass die Geheimdienstaktivitäten durch die Judikative kontrolliert werden. Zuvor war nämlich die Exekutive selbst dafür zuständig", erklärt William Banks, Direktor des Instituts für Nationale Sicherheit und Terrorismusbekämpfung an der Universität von Syracuse.

Unkontrolliertes Datensammeln

Seit den Terroranschlägen am 11. September 2001 dürfen die US-Geheimdienste jedoch sehr viel aggressiver agieren. Legitimiert wird das neue Vorgehen durch den sogenannten "Patriot Act", einem Gesetz, das kurz nach den Anschlägen verabschiedet wurde. Unter anderem weitete es auch die Rechte der Regierung aus, um geschäftliche Datensätze zu erfassen. Der jüngste Beschluss des FISC, der Verizon dazu zwang, seine Daten offen zu legen, wurde auch auf der Grundlage des "Patriot Acts" entschieden.

Das heutige Gesetz, das das Geheimgericht FISC legitimiert, wurde 2012 von Präsident Barack Obama für weitere fünf Jahre verabschiedet. "Es legitimiert das Sammeln großer Datenmengen, um dann erst im zweiten Schritt nicht relevante Daten auszusortieren", erklärt Laura Donohue, Vorsitzende des Georgetown Center für Nationale Sicherheit und Recht.

Die Nichtregierungsorganisation Amnesty International reichte im Februar eine verfassungsrechtliche Beschwerde gegen dieses Ansammeln großer Datenmengen ein: Die Überwachungsmaßnahmen würden gegen den vierten Zusatzartikel der Verfassung der USA verstoßen, der gegen willkürliche Durchsuchungen und Festnahmen schützen soll. Die Klage wurde jedoch abgewehrt - mit der Begründung, dass Amnesty International nicht direkt von einem konkreten Spionagefall betroffen gewesen sei.

Geheime Akten in einem Ordner (Foto: Fotolia/Brian Jackson)
Die meisten US-Bürger merken gar nicht, wenn sie überwacht werdenBild: Fotolia/Brian Jackson

"Das Problem der Überwachungsmaßnahmen ist, dass sie jegliche Informationen, die sie sammeln können, nutzen", erklärt Sicherheitsexpertin Donohue. "Das Gesetz ist eine Strategie, um den vierten Zusatzartikel zu umgehen. Es wird kein Haftbefehl benötigt, um Informationen über einzelne Personen zu sammeln."

Fragwürdiges Auswahlverfahren

Experten kritisieren auch das Auswahlverfahren für die Richter des FISC und stellen somit die Unabhängigkeit des Gerichts in Frage. Die Richter werden von einer einzigen Person ernannt: dem Vorsitzenden des Obersten Gerichts. "Man kann sich da schon Gedanken darüber machen, ob so ein Auswahlprozess wirklich zu einem unabhängigen Gericht führt", sagt Stephen Vladeck.

Als eine mögliche Lösung für mehr kritische Distanz im Geheimgericht schlägt Vladeck vor, einen Anwalt einzusetzen, der nur dafür zuständig wäre, die Anträge der Regierung anzufechten. Doch er bezweifelt, dass das Gericht genug Mut hätte, um eine solche Reform durchzusetzen.