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Konfliktregion

24. März 2010

Von Frieden und Stabilität im Nordkaukasus könne keine Rede sein, beklagen russische Beobachter. Mit dem neu geschaffenen Verwaltungsbezirk Nordkaukasus werde Moskau die Probleme nicht lösen können.

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Eine duch einen Anschlag zerstörte Polizeistation im inguschetischen Nasran im August 2009 (Foto: AP)
Inguschetien wird von Anschlägen erschüttert (17.08.2009)Bild: AP

In Tschetschenien habe sich die Lage mit der Machtübernahme durch Ramsan Kadyrow nicht normalisiert, die Situation sei weiterhin nicht unter Kontrolle, sagte Swetlana Gannuschkina von der russischen Menschenrechtsorganisation Memorial. "Ich bin traurig, wenn im Zusammenhang mit Tschetschenien und Kadyrow von Stabilität gesprochen wird, denn es gibt in Tschetschenien keine Stabilität. Dort herrschen Angst, Verrat, Unmoral und Korruption", so die Menschenrechtlerin.

Portrait von Swetlana Gannuschkina (Foto: DW)
Swetlana Gannuschkina: Lage in Tschetschenien nicht unter KontrolleBild: DW/Gurkov

In den anderen Republiken der Region sei die Lage sogar noch schlimmer, sagt der russische Experte für internationale Beziehungen, Sergej Markedonow. Auf die Terroranschläge in Inguschetien würden die russischen Behörden zwar mit Anti-Terror-Einsätzen reagieren, aber die Maßnahmen gegen die inguschetischen Kämpfer zeigten kaum Erfolg. Über die Lage in Südossetien, wo angeblich Ruhe herrsche, sei wenig bekannt, so der Experte weiter. Die Protestbewegungen im Kaukasus hätten sich vergangenen Jahrzehnt verändert, erklärt Markendonow. "In den 1090er-Jahren dominierten ethnisch motivierte Forderungen, heute treten die Bewegungen mit Parolen des radikalen Islam auf."

Kreml schafft neuen Verwaltungsbezirk

Anfang 2010 beschloss der Kreml, die Teilrepubliken Dagestan, Inguschetien, Kabardino-Balkarien, Karatschajewo-Tscherkessien, Nordossetien und Tschetschenien sowie die russische Region Stawropol zu dem Föderationsbezirk Nordkaukasus zusammenzulegen. Verwaltungszentrum des neuen Bezirks ist Stadt Pjatigorsk. Präsident Dmitrij Medwedjew ernannte Aleksandr Chloponin zu seinem Vertreter in dem Bezirk und zugleich zum Vizeregierungschef.

Der neue "Chef des Kaukasus" soll die Region stabilisieren und wirtschaftlich voranbringen. Dazu würden Chloponin aber notwendige Vollmachten fehlen, meint der russische Experte Markedonow. Da der Bezirkschef mit Präsident Medwedjew und Premier Wladimir Putin zwei Vorgesetzte mit zwei konkurrierenden Apparaten habe, sei mit größeren Vollmachten für Chloponin auch nicht zu rechnen. Überhaupt gehe Moskau die Probleme falsch an, sagt Markedonow: "Kein Investor wird in eine Region kommen, wo Menschen entführt werden, wo von beiden Seiten aus Gewalt ausgeübt wird und wo die Korruption gewaltige Ausmaße angenommen hat."

Kaum Chancen auf Frieden

Portrait von Sergej Markedonow (Foto: DW)
Sergej Markedonow spricht von Konkurrenz zwischen Medwedjew und PutinBild: DW / Sergej Morosow

Die Konflikte in der Region würden noch länger andauern, sagt der russische Politikexperte Wiktor Misin. "Erst wenn sich Russlands Haltung ändert, wird man sehen können, wie man den Kaukasus ordnen kann." Er geht davon aus, dass Chloponin nach einer gewissen Zeit seine Mission beendet und einen hohen Posten im Kreml erhält. Den neuen Föderationsbezirk Nordkaukasus werde man dann sicher wieder auflösen, vermutet der Experte.

Auch die russische Menschenrechtlerin Gannuschkina sieht wenig Chancen auf Frieden im Nordkaukasus. "In Russland fehlt überhaupt eine Nordkaukasus-Politik. Es gibt gewisse nervöse und ruckartige Maßnahmen, mit dem Ziel, das Imperium um jeden Preis zu retten oder in manchen Fällen sogar wiederaufzubauen", bedauert Gannuschkina.

Autor: Jegor Winogradow / Markian Ostaptschuk
Redaktion: Julia Kuckelkorn