5. ESMT Symposium in Berlin (13.-15.Juni 2012)
14. Juni 2012Diesen Preis nahm der italienische Ministerpräsident Mario Monti am Mittwoch (13.06.2012) mit Sicherheit gerne entgegen. Denn während die internationalen Börsen Italiens Reformpolitik zuletzt eher kritisch beäugten, wurde Italiens Reformer Monti in Berlin just für diese Arbeit gefeiert. Eine Fachjury, besetzt mit internationalen Managern wie dem früheren Deutsche Bank Chef Josef Ackermann oder dem Vorstand des Versicherungskonzerns Allianz, Michael Diekmann, verlieh Monti den "ESMT Responsible Leadership Award 2012".
Die Auszeichnung wird alljährlich an der Management-Hochschule ESMT im Herzen Berlins vergeben, um Führungspersönlichkeiten anzuspornen, die sich für mehr Verantwortung und Verlässlichkeit in Politik und Wirtschaft einsetzen. Die Preisverleihung ist Teil des jährlichen ESMT-Forums in Berlin, einem öffentlichen Symposium an der European School of Management and Technology, das sich in diesem Jahr um zukunftsfähige Personalpolitik in alternden Gesellschaften dreht.
"Der richtige Mann"
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hielt die Laudatio auf den Leadership-Preisträger Monti. Dabei sparte er, trotz der zuletzt immer lauter werdenden öffentlichen Kritik an Montis Haushaltspolitik, nicht an Lob. Er sei "der richtige Mann am richtigen Ort zur richtigen Zeit", sagte Schäuble vor etwa 400 geladenen Gästen, eine Vielzahl davon extra aus Italien angereiste italienische Journalisten, die jede Geste ihres umstrittenen Ministerpräsidenten nervös beobachteten. Spekulationen, Italien müsse neben Griechenland, Portugal, Irland und zuletzt Spanien ebenfalls Hilfen aus dem dauerhaften europäischen Rettungsschirm ESM in Anspruch nehmen, traten Monti und der deutsche Finanzminister entgegen. "Unter Mario Montis Führung hat Italien beachtliche Fortschritte in den vergangen sechs Monaten gemacht, vor allem bei der Reform der öffentlichen Haushalte", sagte Schäuble. Wenn der eingeschlagene Kurs beibehalten werde, flankiert durch eine noch enger abgestimmte europäische Fiskalpolitik, könne die Krise überwunden werden, ist Schäuble überzeugt.
Maro Monti, der frühere EU-Kommissar für Binnenmarktfragen, hält zur Überwindung der aktuellen Krise zwei Dinge für unerlässlich: Langfristige Konzepte statt kurzatmiger Politik und Führungsstärke statt blinder Gefolgschaft. "In der Praxis beobachte ich, dass blinde Gefolgschaft häufiger vorkommt als echte Führungsstärke." Er lobte die deutsche Bundesregierung, die in der aktuellen Krise Führungsverantwortung gezeigt habe. Im selben Atemzug gestand Monti ein, bereits seit langem ein großer Fan des deutschen Modells der sozialen Marktwirtschaft und der hierzulande praktizierten Ordnungspolitik zu sein. Er erinnerte daran, dass er zum Zeitpunkt seiner Ernennung als Ministerpräsident vor gut sechs Monaten in Berlin war. "Ich hatte sofort das Gefühl, eine große Verantwortung für die Zukunft Italiens zu tragen", sagte Monti. "Aber ich wusste eben auch, dass es dabei um die Zukunft des gesamten Euro-Raumes und der gesamten europäischen Integration geht".
Der Euro für Generationengerechtigkeit
In Bezug auf den Euro und die aktuell durchlebte Vertrauenskrise der gemeinsamen europäischen Währung schlug Monti den Bogen zum Thema der Konferenz, nämlich der Fürsorgepflicht heutiger Politiker für kommende Generationen. "Ich habe den Euro nie als eine hochtrabende Konstruktion für die Finanzmärkte angesehen, sondern als ein Symbol für die Gerechtigkeit zwischen den Generationen", erläuterte Monti. Die als Spardiktate zuletzt in die Kritik geratene Politik strikter Haushaltsdisziplin, wie sie in Europa vor allem von der deutschen Regierung eingefordert würde, sei damit nichts anderes als eine aktive Fürsorge, um künftigen Generationen mehr als nur Schulden zu hinterlassen.
Allianz-Chef Michael Diekmann kritisierte in seiner Eröffnungsrede den mangelnden Reformwillen der Politik in Europa, aber insbesondere auch in Deutschland. "Es herrscht der Glaube vor, dass eine stetig weiter wachsende Wirtschaft auch eine weiter alternde deutsche Volkswirtschaft weltweit wettbewerbsfähig halte könne“, sagte Diekmann. Er teile diesen Optimismus nicht. Deshalb müsse über Fragen des lebenslangen Lernens, Arbeitsplatzstrukturen und neue Formen der Personalpolitik mehrgesprochen werden, sagte Diekmann. Mario Monti dürfte das Programm der Konferenz aufmerksam gelesen haben: denn die von ihm derzeit vorangetriebene Rentenreform in Italien wird auf all diese Fragen ebenfalls eine Antwort geben müssen. Echte Führungsstärke, dokumentiert durch einen Preis, kann da sicherlich nicht schaden.