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KriminalitätIndien

Indischer Politiker vor laufender Kamera erschossen

16. April 2023

Schützen eröffneten das Feuer auf den 61-Jährigen und seinen Bruder, als Polizisten diese gerade abführten - unter den Augen vieler Reporter. Die Täter sollen sich selbst als Journalisten ausgegeben haben.

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Ermittler beugen sich im Scheinwerferlicht über zwei Blutlachen auf dem Pflaster. Ein improvisierter Zaun hält Schaulustige auf Abstand.
Das Blut der beiden Brüder ist am Tatort zu sehen, wo Ermittler Spuren sichertenBild: Sanjay Kanojia/AFP

In einer Menschentraube aus Polizisten und Reportern in der nordindischen Millionenstadt Prayagraj sind ein Politiker und sein Bruder im Polizeigewahrsam erschossen worden. Beide waren als Häftlinge von einer Untersuchung im Krankenhaus abgeholt worden. Lokale Journalisten nutzten die Gelegenheit, ihnen auf offener Straße Fragen zu stellen.

Auf Fernsehbildern ist zu sehen, wie plötzlich eine Pistole an den Hals des Politikers gehalten und sofort abgefeuert wird. Anschließend wurde auf den Bruder geschossen, beide Männer starben noch am Tatort. Drei Angreifer wurden von der Polizei festgenommen. Die Täter sollen laut Augenzeugenberichten selbst Kameras und Mikrofone getragen haben, um sich unter den Journalisten zu tarnen.

Mafiöse Netzwerke

Der 61-jährige ehemalige Parlamentsabgeordnete Atiq Ahmed und sein Bruder Ashraf sollen nach Berichten einem lokalen kriminellen Netzwerk angehört haben, das für Morde und Landraub verantwortlich sein soll. Atiqs Sohn Asad war in diesem Zusammenhang von der Polizei gesucht worden und wurde in der vergangenen Woche von Polizisten im Einsatz getötet. Der Politiker wurde wegen Entführung verurteilt und sitzt seit 2019 im Gefängnis.

Polizisten führen den Politiker Atiq Ahmad ab. Er trägt einen weißen Turban und einen Schnurrbart
Atiq Ahmad vor wenigen Tagen im Polizeigewahrsam - in einer ähnlichen Situation wurde er nun getötetBild: Ritesh Shukla/NurPhoto/IMAGO

Der tödliche Anschlag ereignete sich bereits am Samstagabend (Ortszeit). Die Regierung des Bundesstaats Uttar Pradesh, in dem auch Prayagraj liegt, verbot daraufhin Menschenansammlungen von mehr als vier Personen. "Wir wollen nicht, dass sich eine Protestbewegung entwickelt", zitierte die Nachrichtenagentur Reuters einen Beamten. Die nationale Regierung unter Premierminister Narendra Modis hindu-nationalistischer Partei BJP ordnete eine Untersuchung an.

Religiös-politische oder kriminelle Motive?

Die Ahmed-Brüder gehörten zur muslimischen Minderheit Indiens. Die Polizei machte keine Angaben, ob ein religiöses Motiv hinter dem Angriff stecken könnte. Fernsehaufnahmen zeigen, wie die Angreifer nach ihrer Tat Parolen auf Hindi riefen. Allerdings gelten auch die kriminellen Verbindungen der Brüder in mafia-artigen Netzwerken als möglicher Hintergrund der Tat. Atiq Ahmed hatte zuvor erklärt, sein Leben sei bedroht.

Polizisten, Journalisten und Zivilisten stehen am Straßenrand, während ein Krankenwagen vorbeifährt
In diesem Krankenwagen wurde die Leiche von Atiq Ahmads Sohn Asad abtransportiertBild: Ritesh Shukla/NurPhoto/IMAGO

Der Oppositionsführer in Uttar Pradesh, Akhilesh Yadav, warf der Polizei Versagen vor. Ahmed hatte für seine Partei Samajwadi bis 2014 im Parlament gesessen. "Wenn jemand getötet werden kann, wenn jemand innerhalb der Polizei-Sicherheitskette das Feuer eröffnet, was heißt das für die öffentliche Sicherheit?", schrieb Yadav auf Twitter. Menschenrechtler prangern an, dass in Uttar Pradesh immer wieder außergerichtliche Hinrichtungen abgehalten werden.

ehl/pg (afp, rtr)