Friedrich II. – Feldherr und Musenkönig
20. Januar 2012
Ein König, der die Geschichte Preußens schrieb sowie Prosawerke, Gedichte, Schauspiele und Opernlibretti. Ein Herrscher, der sich für die französische Aufklärung interessierte und eine Freundschaft mit dem Dichter und Philosoph Voltaire unterhielt: Die Beschreibung "Kosmopolit" scheint keine Übertreibung für Friedrich II. Der Monarch, den seine Untertanen patriotisch Friedrich den Großen nannten, weigerte sich, Deutsch zu sprechen. Er sprach und schrieb lieber Französisch, dazu noch: Englisch, Spanisch, Italienisch und Portugiesisch. Seine größte Liebe galt jedoch der Musik.
Flöte und Feder
Als Kind nahm Friedrich teilweise heimlich Musikunterricht; sein Vater hielt wenig von den musischen Interessen des Sohnes. Bald nach seinem Regierungsantritt ließ Friedrich II. die Staatsoper Unter den Linden in Berlin bauen und holte einige prominente Musiker an den Hof: seinen einstigen Flötenlehrer Johann Joachim Quantz sowie Carl Heinrich Graun, die Brüder Franz und Georg Anton Benda und Carl Philipp Emanuel Bach. Die Residenzen Berlin und Potsdam wurden damit Zentren des deutschen Musiklebens.
Und Friedrich komponierte: ganze 121 Sonaten für Flöte, vier Flötenkonzerte, eine Sinfonie und diverse Arien - alle in durchweg galantem und melodiösem Stil. Komponierende Könige waren keine Seltenheit. Auch die englischen Herrscher Richard Löwenherz und Henry VIII. sowie eine ganze Reihe Habsburger Kaiser frönten dieser Leidensschaft. Friedrich teilte die musische Begabung mit seinen Schwestern Wilhelmine und Anna Amalie.
Für den Querflöte spielenden König komponierte Quantz 296 Flötenkonzerte. Manchmal ging der Musiker sogar mit seinem Dienstherren ins Feldlager, damit dieser dort an seine Spieltechnik weiter feilen konnte. Das Gemälde "Flötenkonzert in Sanssouci" von Adolph von Menzel aus dem Jahr 1852 gibt einen Eindruck höfischen Musiklebens. "Respektabel" soll sein instrumentales Können gewesen sein, hervorgehoben wurden sein Vortrag der langsamen Sätze und seine Improvisationsgabe.
Komponistenkönig und König der Komponisten
Die Werke des Königs und die seines Lieblingskomponisten Quantz waren stilistisch eher konventionell; der "Alte Fritz" interessierte sich nicht für die moderne Musik seiner Zeit, für Haydn und Mozart. Carl Philipp Emanuel Bach verbrachte dreißig Jahre am Preußischen Hof. Den Stellenwert seines Hofcembalisten Bach hat der König nie erkannt, den seines berühmten Vaters Johann Sebastian Bach umso mehr. Folgenreich für die Musikgeschichte war eine Begegnung, die der Hofcembalist vermittelte.
Am 7. Mai 1747 empfing der König den "alten Bach" im Schloss Sanssouci. Die Audienz wurde in mehreren Wochenzeitungen ausführlich beschrieben.
Dem Herrscher war bewusst, was für eine musikalische Koryphäe vor ihm stand, er ließ es sich aber nicht nehmen, das Können des Besuchers einer königlichen Prüfung zu unterziehen. Friedrich spielte ein Thema vor, über das Bach spontan eine dreistimmige Fuge spontan improvisieren sollte. Über den Ursprung des komplexen musikalischen Motivs gibt es kritische Stimmen. Dazu gehört der Bachforscher Michael Maul vom Leipziger Bach-Archiv: "Ob sich jetzt Friedrich das Thema wirklich selber ausgedacht hat, ist unklar, womöglich haben es ihm auch die Kapellmitglieder in die Feder diktiert."
Höfische Imagepflege
Der alte Bach verband mit dem Besuch beim noch nicht ganz so Alten Fritz, wie man den Herrscher später nannte, vielleicht die Hoffnung, ein neues Tätigkeitsfeld zu finden. Womöglich hatte er genug vom Amt des Thomaskantors in Leipzig. Wieder dorthin zurückgekehrt widmet Bach dem König eine Sammlung mit dem Titel: "Ein Musikalisches Opfer" - alle Stücke auf der Basis des "königlichen" Themas komponiert. Friedrich dürfte die Noten wohlwollend, vielleicht auch mit Bewunderung goutiert haben, angestellt hat er Bach jedoch nicht.
Die musikalischen Aktivitäten Friedrichs waren nach heutigen Maßstäben betrachtet nicht nur ein "Hobby", sondern auch Teil eines ausgefeilten Programms der Selbstdarstellung des Monarchen. Sowohl durch die nächtlichen Konzerte als auch durch die Begegnung mit Johann Sebastian Bach konnte er sich als ein aufgeklärter musischer Herrscher präsentieren und damit das Image vom skrupellosen Feldherrn korrigieren. Musikalische Praxis und Förderung der Musik als Teil eines "PR-Programms", auch in dieser Hinsicht war der Preußenkönig seiner Zeit voraus.
Autoren: Claus Fischer / Rick Fulker
Redaktion: Suzanne Cords