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Terror heißt Schrecken

22. Juli 2016

Panik in München: Das Blutbad im Olympia-Einkaufszentrum in der bayerischen Landeshauptstadt trifft Deutschland ins Mark. Das Land steht im Schrecken und vor einer Bewährungsprobe, meint Christoph Strack.

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Rettungskräfte in der Nähe des Einkaufszentrums (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa/M. Balk

Es ist ein schlimmer Abend, es wird eine schlimme, traurige Nacht. Schüsse, Verletzte Tote. Amoklage und Terrorverdacht. Terror ist es auf jeden Fall für die Menschen, die es vor Ort erleben müssen. In München, der stolzen Hauptstadt Bayerns. Dem Bundesland, das für seine gute Polizeiarbeit und seine Wachsamkeit bekannt ist, und auch kritisiert wird.

Terror heißt "Schrecken". Der Schrecken ist in Deutschland, in seinen Städten angekommen. Der Schrecken, der vor fünf Jahren von Utoya ausging, wo der Norweger Anders Breivik ein Massaker beging. Der Schrecken vor wenigen Tagen von Nizza.

Und natürlich geht der Gedanke intuitiv zurück zu den Anschlägen der vergangenen acht Tage. Dem furchtbaren Blutbad mit mindestens 84 Toten im südfranzösischen Nizza - 84 Leben, die am lauen Sommerabend eines Nationalfeiertages grausam abgebrochen wurden.

Woher kommt der Hass?

Dann zum Attentat eines jungen afghanischen Flüchtlings in einem Regionalzug bei Würzburg, der mehrere chinesische Touristen schwer verletzte. Deutschland erstarrte da erstmals über den offenkundigen Hass eines wohl 17-Jährigen auf das Land oder die Menschen, die ihm helfen.

Christoph Strack (Foto: DW)
DW-Reporter Christoph Strack berichtet aus BerlinBild: DW

Aber eins ist für den Moment festzuhalten: Es scheint noch völlig unklar, welchen Hintergrund dieser Terror haben mag. Voreilige Schuldzuweisungen verbieten sich. Aber alles muss aufgeklärt werden.

Dabei gibt es viele Fragen. Fragen, die es auszuhalten gilt. Die beantwortet werden müssen, und für die es vielleicht nie Antworten geben wird, oder wenn, dann schmerzhafte Antworten.

Es wird Menschen geben, deren verzweifelte Fragen für immer unbeantwortet bleiben werden. Der Staat, die Behörden sind da in der Pflicht. Für den Moment muss man allen Polizisten danken, die den Menschen Sicherheit bieten und dabei auch gewiss ihr Leben einsetzen.

Asoziale "Medien"

Und es gibt die sogenannten Sozialen Medien, die in einer solchen Stunde alles andere als sozial sind. Vielfach sind sie asozial, menschenverachtend. Da war noch nicht der erste Tote bestätigt, da waren noch Menschen in Todesangst, als die ersten User bei Twitter über einen Rücktritt von oder ein Misstrauensvotum gegen Bundeskanzlerin Angela Merkel jubelten.

Auch das übrigens: Da gibt es Fernsehbilder vom Olympia-Einkaufzentrum, Bilder voller Hektik. Wenig später sehe ich sie wieder auf einem anderen Kanal – mit dem Kennzeichen "Live". "Live" ist nichts in den Medien, "live" ist es für die Menschen in ihren Nöten vor Ort, ihrer schieren Angst ums Leben. Auch Medien müssen da lernen, auszuhalten.

Die leise unausgesprochene Beruhigung, dass der Terror in den letzten Jahren beispielsweise Frankreich und Spanien, Großbritannien, Belgien und die Türkei traf, ist nun vorbei. Darüber darf man nicht vergessen, dass in Istanbul oder auf Djerba immer auch schon Deutsche zu Tode kamen.

Was auch immer diese Nacht bringen wird – es werden traurige Momente sein. Wenn es gesicherte Erkenntnisse gibt, mag Deutschland ein verändertes Land sein.

Auch ein anderes? Das Land steht vor einer Bewährungsprobe – es geht um gesellschaftlichen Zusammenhalt, um Entschlossenheit und Vernunft der Behörden, um Führungskraft der Politik. Aber es braucht auch Ehrlichkeit im Umgang mit wachsenden Problemen - sei es islamistischer Terror, sei es der Hass einer gespaltenen Gesellschaft. Deutschland steht im Schrecken.