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Ponta ist weg - endlich!

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Robert Schwartz
4. November 2015

Die Brandkatastrophe vom vergangenen Freitag war der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. Doch der Rücktritt der Regierung muss der Beginn eines umfassenden Wandels in Rumänien sein, meint Robert Schwartz.

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Victor Ponta in Bukarest (Foto: DPA)
Bild: picture-alliance/dpa/R. Ghement

Warum musste es in Bukarest zu einer Katastrophe mit Dutzenden Toten kommen, bevor ein zuvor schon völlig verantwortungsloser Ministerpräsident seinen Hut nimmt? Warum mussten zigtausend Menschen auf die Straße gehen, um einem zutiefst diskreditierten Ministerpräsidenten den Spiegel vors Gesicht zu halten? Die Antwort ist ganz einfach: Weil der Selbsterhaltungstrieb eines korrupten politischen Systems stärker ist, als jeder Anflug von politischer und moralischer Verantwortung.

Das wird sich diesmal ändern. Was wir jetzt in Rumänien erleben, ist eine samtene Revolution der jungen Generation gegen das verknöcherte Establishment. Ein Establishment, das von Ex-Kommunisten und früheren Mitarbeitern des gefürchteten Geheimdienstes Securitate nach dem Sturz des Diktators Ceausescu vor einem Vierteljahrhundert festungsgleich aufgebaut wurde. Ein Geflecht aus Korruption, Vetternwirtschaft und politischen Abhängigkeiten hatte das Land fest im Griff. Bis heute!

Eine Katastrophe schlägt durch in die Politik

Die Tragödie vom vergangenen Freitag (30.10.) in einem Bukarester Nachtclub hat innerhalb von nur wenigen Tagen eine hochpolitische Dimension bekommen. Ponta und seine mit ihm abgetretene Regierung müssen und können nur der Anfang einer Lawine sein, die die Gesellschaft erneuern und dem vielfach gebeutelten Rechtsstaat endlich zu seinem Recht verhelfen kann.

Pontas Rücktritt war überfällig. Nicht nur wegen des nachgewiesenen Plagiats seiner Doktorarbeit und der Anklage wegen Korruption. Nein - schon kurz nach seinem Amtsantritt im Sommer 2012 hatte er den Rechtsstaat ausgehebelt, um den damaligen Präsidenten Traian Basescu, seinen ärgsten Widersacher, aus dem Amt zu jagen und die Kontrolle über die Justiz zu übernehmen. Zum Glück für Rumänien scheiterte sein Versuch kläglich - doch blieb er im Amt.

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Robert Schwartz leitet die Rumänische Redaktion der DW

Jetzt ist die Chance gekommen, dass die junge und gut ausgebildete Generation, die diesmal auf die Straße gegangen ist, Verantwortung übernimmt. Und der liberal-konservative Präsident Klaus Iohannis wäre gut beraten, wenn er den neuen Stimmen mehr als nur Gehör verleihen würde. Seine "Schritt-für-Schritt"-Politik ist von vielen als zu zögerlich und zurückhaltend kritisiert worden. Dennoch: Seine wiederholten Rücktritts-Aufrufe an Ponta sind nicht ohne Folgen geblieben. Sie haben den politischen Druck auf den Regierungschef und sein Kabinett verstärkt, welchen der rumänische Präsident laut Verfassung ausüben kann und darf. Das scheinen die bisher regierenden Sozialdemokraten und ihre Koalitionspartner aus der so genannten "Fortschrittspartei" nur zum Teil begriffen zu haben. Nach dem Rücktritt kündigten sie an, eine neue Regierung stellen zu wollen. Ein fatales Zeichen!

Rumänien braucht grundlegende Reformen

Mit solchen politischen Schachzügen muss jetzt Schluss sein. Das Land braucht dringend Reformen, um aus dem Sumpf herauszukommen, der von Wendehälsen und Partei-Touristen jahrzehntelang kontrolliert wurde. Die Menschen in Rumänien - das haben sie bei den Präsidentschaftswahlen im November vergangenen Jahres eindrucksvoll bewiesen - wünschen sich endlich den schon lange fälligen Ruck durch die Gesellschaft. Der scheint jetzt gekommen zu sein. Tragisch nur, dass erst eine Tragödie die Lawine ins Rollen bringen konnte.