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Kommentar: Noch kein Frieden im Kongo

Dirke Köpp6. November 2013

Die größte Miliz im Ostkongo, die M23, hat sich geschlagen gegeben. Ein kleiner Lichtblick in dem jahrelangen blutigen Konflikt. Aber die Lage bleibt kompliziert. Von Frieden kann noch keine Rede sein, meint Dirke Köpp.

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Zunächst klingt die Nachricht positiv: Die von ethnischen Tutsi dominierte M23-Miliz hat sich ergeben und will nun Frieden schließen. Mehr als anderthalb Jahre hatten die Rebellen die Provinz Nord-Kivu und die Stadt Goma im Osten des Kongo unsicher gemacht: hatten geraubt, gemordet, gebrandschatzt und vergewaltigt. Hunderttausende Menschen flüchteten vor den Kämpfen und versuchten, in provisorischen Flüchtlingscamps zu überleben.

Doch von Frieden ist der Ostkongo auch nach dem militärischen Sieg der kongolesischen Streitkräfte und der Blauhelm-Truppen der Vereinten Nationen (Monusco) noch weit entfernt. In einem ersten Schritt müssen nun die unterbrochenen Friedensverhandlungen weitergeführt und alle M23-Rebellen entwaffnet werden. Doch selbst Friedensabkommen und Entwaffnungen von Milizen waren in der Vergangenheit keine Garantie für Frieden: Die Bewegung M23 entstand 2012 aus der drei Jahre zuvor aufgelösten Rebellengruppierung Nationalkongress zur Verteidigung des Volkes (CNDP), die in die kongolesischen Streitkräfte integriert worden war.

Dirke Köpp. Französische Redaktion (Foto: DW/Matthias Müller)
Dirke Köpp, Leiterin der Französisch-RedaktionBild: DW

Nachbarländer sind Teil des Konflikts

Fakt ist: Die M23 ist zwar die größte, nicht aber die einzige Gruppe, die im Ostkongo ihr Unwesen treibt. Nach der militärischen Niederlage der M23 sind verschiedene Maï-Maï-Gruppen, die Hutu-Miliz FDLR (Demokratische Kräfte zur Befreiung Ruandas), die ADF-NALU-Miliz (Vereinte Demokratische Kräfte und Nationale Armee zur Befreiung Ugandas), die gegen die Regierung in Uganda kämpft, sowie Dutzende weitere Rebellen-Bewegungen in der Region aktiv.

Zudem sind die Nachbarstaaten der Demokratischen Republik Kongo - allen voran Ruanda und Uganda - in den Konflikt verstrickt. Die Vereinten Nationen und Menschenrechtsorganisationen haben Ruandas Präsident Paul Kagame immer wieder vorgeworfen, die M23-Rebellen zu unterstützen. Er nutze sie als Schutzschild gegen Hutu-Rebellen in der Region, von denen er sich bedroht fühle, hieß es. Mit dem Fortbestehen der FDLR-Milizen bleibt aus Kagames Sicht das Sicherheitsrisiko weiterhin ein Problem. Die FDLR hat sich aus der Hutu-Miliz Interahamwe gebildet, die maßgeblich für den Völkermord 1994 in Ruanda verantwortlich ist. Darum darf daran gezweifelt werden, dass Kagame seine Einflussnahme aufgibt. Zu Recht appellieren daher Vertreter des kongolesischen Staates, wie etwa der Gouverneur der Provinz Nord-Kivu, Julien Paluku, an Uganda und Ruanda, Rebellen der M23 auszuliefern, die auf ihrem Staatsgebiet Zuflucht gesucht - und gefunden - haben.

Keine Straffreiheit für Rebellen-Führer

Nach der gemeinsamen militärischen Aktion von kongolesischen Streitkräften und den mit einem robusten Mandat ausgestatteten UN-Blauhelmen muss nun die politische Arbeit beginnen. Auch die internationale Gemeinschaft ist hierbei gefordert: Kein Rebellen-Führer darf straffrei ausgehen. Der Druck auf die Staatschefs von Uganda und Ruanda muss aufrecht erhalten werden. Aber auch Kongos Staatsoberhaupt Joseph Kabila muss - fast 13 Jahre nach seinem Amtsantritt - die Probleme im Osten endlich zur Priorität erklären.

Der Region sind ihre in großer Fülle vorhandenen Bodenschätze zum Fluch geworden - wie so oft in Afrika. Die Bevölkerung hat bislang nicht von den Ressourcen profitiert. Stattdessen lebt sie seit Jahrzehnten in Krieg und Elend. Umso größer ist derzeit ihre Freude über die militärische Niederlage der M23. Kongolesische Regierung, Armee und Monusco müssen nun allerdings neben ihrer Aufgabe, die Rebellen in Schach zu halten, auch Racheakte gegen frühere Rebellen der M23 verhindern und sie in die Gesellschaft integrieren.

Blauhelmsoldaten müssen den brüchigen Frieden schützen

Der Sieg über die M23 hat das bislang wenig gute Ansehen der UN-Soldaten verbessert. Fast genau 14 Jahre ist es her, dass der UN-Sicherheitsrat per Resolution eine Friedensmission für den Kongo beschloss (bis Ende Juni 2010 Monuc, danach: Monusco). Mit etwa 19.000 Soldaten ist sie die derzeit größte UN-Friedensmission weltweit. Lange wurden ihr Untätigkeit und gar Verfehlungen vorgeworfen. Sie könne die Zivilbevölkerung nicht ausreichend schützen, hieß es. Erst vor einem guten halben Jahr beschloss der UN-Sicherheitsrat, eine Brigade von rund 3000 Soldaten innerhalb der Monusco mit offensivem Mandat auszustatten. Dieses robuste Mandat hat nun geholfen, die größte Rebellentruppe im Ostkongo zu besiegen.

Die Monusco muss den brüchigen Frieden weiter schützen, notfalls eben auch weiter offensiv. Die eigentliche Arbeit fängt erst an. Oder wie es der Leiter der Monusco, der Deutsche Martin Kobler, selbst formuliert: Frieden ist manchmal mühsamer als Krieg.