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Kommentar: Keine faulen Kompromisse bitte

Andreas Noll8. September 2006

Nur mit einem klaren Mandat sollte die Bundesmarine vor dem Libanon eingesetzt werden. Den derzeitigen Wünschen der libanesischen Regierung sollte Deutschland auf keinen Fall nachgeben, meint Andreas Noll.

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Die Bundeswehr hat einen tadellosen Ruf in der Welt - aber anders als in Afghanistan oder im Kosovo sollen sich die die deutschen Soldaten im Libanon verstecken. Zumindest wenn sich die Regierung in Beirut mit ihren Forderungen durchsetzt. Dann nämlich werden Libanesen noch nicht einmal vom Strand aus ein deutsches Kriegsschiff am fünf Kilometer entfernten Horizont erspähen können. Auf Druck der Hisbollah müssten die Deutschen in einer Entfernung von 13 Kilometern zum Festland patrouillieren - der unmittelbare Küstenschutz bliebe Sache der Libanesen.

Kernproblem Waffenschmuggel so nicht lösbar

Wenn auch in der Diplomatie ein Kompromiss der Königsweg sein kann - bei einem Militäreinsatz tut die Bundesregierung gut daran, keine Kompromisse einzugehen. Schon um die Glaubwürdigkeit der UN-Mission nicht zu beschädigen. Der UNO geht es um ein Ende des Waffenschmuggels aus Syrien und dem Iran, der die Hisbollah-Miliz zu einer gefährlichen Guerilla-Truppe gemacht hat. Raketen, Maschinengewehre, Granaten - das alles wurde jahrelang vor allem auf dem Landweg von Syrien in den Libanon geschmuggelt. Aber eben auch über das Meer. Das könnte die Bundesmarine in Zukunft verhindern. Aber nur, wenn sie auch in den verkehrsreichen küstennahen Bereichen jeden Fischer-Kutter von sich aus kontrollieren darf.

Die schlecht ausgerüstete libanesische Marine - das wissen nicht nur die Israelis - wäre mit einer solchen Operation politisch und militärisch überfordert. Sie ist schon mit dem Kampf gegen das Opium ausgelastet, das Kuriere über den Seeweg ins Land schmuggeln, um es im Libanon zu Heroin zu verarbeiten.

Libanon-Mission ist ein Kampfeinsatz

Für Deutschland wäre ein Überwachungs-Einsatz nichts Neues, auch wenn die vorgesehenen Kriegsschiffe eigentlich für den Abschuss von Kampfflugzeugen, den Kampf gegen U-Boote oder die elektronische Kriegführung gebaut wurden. Doch in den vergangenen Jahren haben die Soldaten viele Erfahrungen in der Embargo-Überwachung gesammelt. Bei diesen Einsätzen im Mittelmeer und am Horn von Afrika gab es keine schweren Zwischenfälle - doch Verteidigungsminister Franz-Josef Jung hat Recht, wenn er die Libanon-Mission als Kampfeinsatz bezeichnet. Gefahr droht schon von kleinen Motorbooten, die - mit Sprengstoff gefüllt - auch an den deutschen Fregatten große Schäden anrichten könnten.

Noch ist nicht sicher, ob deutsche Kriegsschiffe überhaupt libanesische Gewässer ansteuern werden. Unabhängig davon, ob der Deutsche Bundestag tatsächlich Soldaten in Marsch setzt, ist UNIFIL aber für Deutschland eine tiefe Zäsur. War es bis vor kurzem undenkbar, die Bundeswehr im Nahen Osten einzusetzen, diskutieren die Politiker heute nur noch über technische Fragen wie die Größe des Patrouilliengebietes. Eine große gesellschaftliche Diskussion über diesen letzten Tabubruch? Fehlanzeige!