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Kommentar: Großes Leid durch kleine Waffen

Klaudia Pape26. Juni 2006

Durch Kleinwaffen sterben mehr Menschen als durch alle anderen Waffensysteme zusammen. Noch immer sind sie oft billig zu haben, nicht gekennzeichnet und der Handel wird kaum kontrolliert. Ein Skandal, meint Klaudia Pape.

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Die Mörder kamen nachts, sie überfielen das burundische Flüchtlingslager Gatumba und massakrierten ihre Opfer. 150 Tutsi wurden zerhackt, verbrannt oder erschossen. Später fanden Polizisten am Tatort Patronenhülsen, die aus Bulgarien, Serbien und China stammten. Wie die Mörder an die Munition gekommen waren, ist nie aufgeklärt worden. Das Grauen von Gatumba ist nur ein Beispiel von zahllosen.

Es ist ein Skandal, dass sich die Wege von Kleinwaffen und Munition nicht zurückverfolgen lassen; dass man, wie Experten sagen, eher den Weg einer gentechnisch veränderten Tomate nachspüren kann als den Weg eines Sturmgewehrs oder eines Raketenwerfers. Es ist ein Skandal, dass skrupellose Waffenhändler Kalaschnikows oder Sturmgewehre - offenbar mühelos - durch geheime Kanäle in alle Welt schleusen. Kleinwaffen sind oft nicht gekennzeichnet, leicht zu verstecken und sie sind billig - vielerorts nicht teurer als ein Sack Weizen. Und es ist ein Skandal, dass westliche Industrie-Nationen, die ja gerne als Friedensstifter auftreten, immer noch die meisten Kleinwaffen herstellen, um sie ans Ausland zu verkaufen.

Eine halbe Million Opfer pro Jahr durch Kleinwaffen

Dabei wird die Gefahr unterschätzt. Alle Welt redet zum Beispiel von der atomaren Bedrohung - und übersieht, dass die meisten Menschen mit Kleinwaffen getötet werden. Jedes Jahr kommen auf diese Weise schätzungsweise eine halbe Million Menschen ums Leben - die meisten von ihnen sind Zivilisten.

So harmlos der Begriff "Kleinwaffen" also klingt, so verheerend sind die Auswirkungen ihrer zunehmenden Verbreitung. UN-Generalsekretär Kofi Annan hat Recht, wenn er sagt, es seien die Massenvernichtungswaffen von heute. Um die Waffenflut einzudämmen, müssten alle Länder sich verpflichten, ihre bestehenden Waffenlager abzubauen und Produktionen herunterzufahren. Wichtig ist aber auch, neue Kleinwaffen zuverlässig zu kennzeichnen: Seriennummer, Hersteller, Produktionsjahr, Empfänger - damit müssen die Verantwortlichen Gewehre, Revolver und Pistolen markieren und nach weltweit einheitlichen Standards registrieren. Nur so lassen sich die Wege von Waffen zurückverfolgen bis zu dem Punkt, an dem sie die legale Kette verlassen.

Unverbindliche Appelle sind zu wenig

Um den illegalen Handel einzuschränken, hielten die Vereinten Nationen vor fünf Jahren eine erste Konferenz ab. In New York tagt vom 26. Juni bis 7. Juli eine zweiwöchige Nachfolge-Konferenz, um die Umsetzung des 2001 beschlossenen Aktionsprogramms zu überprüfen. Für die diesjährige Konferenz bleibt zu hoffen, das es der Waffenlobby nicht wieder gelingt, jegliche Restriktionen auszubremsen; dass einige Länder nicht wieder Aktionsprogramme komplett verwässern und dass das Ganze nicht wieder mit unverbindlichen Appellen endet.

Denn klar ist: Die Zeit drängt. In den zwei Minuten dieses Kommentars sind - statistisch gesehen - wieder zwei Menschen mit Kleinwaffen getötet worden. Wer etwas gegen illegalen Waffenhandel tun könnte und es nicht tut - macht sich mitschuldig!