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Zu wenig Partner

Bernd Riegert26. Oktober 2007

Russland und die EU haben Streit in vielen Punkten und verstehen sich zu wenig als Partner. Es ist an der Zeit, dass die EU und Russland ihre gemeinsamen Interessen definieren, meint Bernd Riegert.

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Bild: DW

Glaubt man den Zusicherungen von hohen Beamten und Diplomaten auf beiden Seiten, dann funktioniert auf der Arbeitsebene die Zusammenarbeit zwischen Russland und der Europäischen Union. Die Wirtschaftsbeziehungen werden stetig ausgebaut, das Handelsvolumen wächst rasant. Europäische Firmen investieren in Russland. Die Russen liefern Energie nach Europa und beginnen, in der EU zu investieren.

Im Kleinen klappt die Zusammenarbeit bei grenzüberschreitenden Projekten, bei der Erleichterung der Reiseverkehrs, beim Stahlhandel und vielen alltäglichen Problemen. Um praktische Fortschritte zu erzielen, ist auch nicht unbedingt ein neuer schöner Vertrag über strategische Partnerschaft nötig, heißt es von russischer Seite. Interessiert ist man vor allem an "Business", wie das auf neu-russisch genannt wird.

Problematisch wird es hingegen an der politischen Spitze, wo das Verständnis füreinander in den letzten Jahren blankem Misstrauen gewichen ist. Da brachte auch der 20. EU-Russland-Gipfel in Mafra keine wesentliche Besserung. Die EU sieht in Wladimir Putin eher einen neuen Zaren als einen demokratischen Staatenlenker.

Wladimir Putins aggressive Außenpolitik, die eingeschränkte Medien-Freiheit, die mangelnde Rechtsstaatlichkeit verstören führende Politiker in der EU. Ob nun Kosovo, Iran, Ukraine, Raketen-Abwehr oder Abrüstungsverträge: Auf allen Feldern gibt Putin den Europäern kräftig kontra. Und das finden diese ungerecht, meinen sie doch, Russland immer wieder die Hand zum Kompromiss auszustrecken.

Immerhin zeigte sich Präsident Putin in Mafra verbal von seiner weichen Seite und lud als Zeichen des guten Willens OSZE-Beobachter für die Wahlen zur Duma im Dezember ein.

Moskau weiß, dass die EU vom Gas und Öl aus Russland abhängig ist. Die EU verweist gerne darauf, dass sie als größter Nachfrager natürlich auch für Russland wichtig ist. Die Abhängigkeit ist gegenseitig, schon deshalb wird die Haltung des russischen Präsidenten als hochnäsig empfunden.

Auf der anderen Seite verstehen viele russische Politiker die EU nicht, die ihrer Meinung nach mit zu vielen Stimmen spricht und Russlands Souveränität nicht ausreichend achtet. Wie kommt man aus dem Dilemma des gegenseitigen Nichtverstehens heraus?

Es ist an der Zeit, dass die EU und Russland klar ihre gemeinsamen Interessen definieren. Es ist richtig, dass die EU Russland in vielen außenpolitischen Fragen braucht, aber Russland braucht auch die EU als Investor und Absatzmarkt. Russland braucht die Zustimmung, um die vorteilhafte Mitgliedschaft in der Welthandelsorganisation WTO erlangen zu können. Man ist zur Kooperation verdammt, auch wenn es schwer fällt.

Dazu ist es nötig, dass die EU geschlossen auftritt und sich von schriller Rhetorik aus Moskau nicht einschüchtern lässt. Ein Kreml-Berater drückte das unlängst so aus: Russen lieben starke Männer und klare Aussagen. Wenn die EU stark und klar handelt, wird Russland sie respektieren.